Re: Lt 4x4 Sülzer HA Differential geschrottet
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Geschrieben von Chris am 04. März 2023 11:45:47:
Als Antwort auf: Lt 4x4 Sülzer HA Differential geschrottet geschrieben von Gerald aus Tirol am 01. März 2023 10:29:27:
Servus Gerald,
freut mich sehr, daß es noch ein paar Sülzer-Liebhaber gibt. Mein erster Ratschlag vorneweg: Glaube nichts, was du über Sülzer-LTs hörst oder im Internet (der weltgrößten Datenmüllhalde) liest. Die Leute, die sich mit diesen Fahrzeugen noch auskennen, kannst du mittlerweile an einer Hand abzählen. Alles andere ist Unwissen, Halbwissen und schlichtweg Fehlinformation. Man merkt es allein schon an den ersten Antworten auf deine Frage. Ich habe neulich mit jemandem telefoniert, der den vermutlich letzten gebauten Sülzer LT gekauft hat, in Top-Zustand und mit originalen 8000km auf der Uhr. Es ist außerdem einer der ganz wenigen Sülzer, die schon mit dem Turbodiesel-Motor ausgeliefert wurden. Derjenige wollte sich einfach nur mal schlau machen über sein Fahrzeuge. Im Zuge dessen wurde ihm erzählt, daß die Sülzer ja ganz furchbar anfällig wären und Achsen Verteilergetriebe etc. alles geht schnell kaputt und man bekommt keine Teile mehr und eigentlich kann man mit diesen Fahrzeugen bestenfalls mal zur Eisdiele fahren aber niemals weitere Strecken. Ihm wurde dann geraden, das Fahrzeug komplett umzubauen auf andere Achsen und anderes Verteilergetriebe, was auch einen Umbau am Motor und am Rahmen erfordert hätte. Es war nicht böswillig gemeint, aber einfach nur Bullshit. Wenn man sieht, wie viele von den nur knapp 100 gebauten Fahrzeugen immer noch unterwegs sind, zeigt das doch, wie robust diese Technik ist. Eine wirkliche Schwachstelle bei Sülzern bis Bj. 82 sind die teilweise verbauten Vorsatzgetriebe, die gerne mal kaputt gehen und für die es tatsächlich keine Teile gibt, da sie vom Sülzer mehr oder weniger handgefeilt wurden. Da hilft nur ein Ausbau des Vorsatzgetriebes und die direkte Verbindung vom Schalt- zum Verteilergetriebe. Wie beim Werks-4x4 auch neigen die NP208 Verteilergetriebe zu Lagerverschleiß, was sich durch Umbau auf z.B. NP241 verbessern lässt. Seltener gibt es auch Probleme mit NP219 Permanentallradgetrieben (mit Viscokupplung), hier hilft Tausch durch NP241 oder rein mechanische Permanentallradgetriebe wie das NP242J oder das NP218. Diese Probleme entstehen aber auch überwiegend durch schlechte Wartung. Die Überholung eines NP208 (oder jedes anderen NP VTG) mit neuen Lagern und neuen Dichtungen ist auch sehr überschaubar, sowas kann ich auch anbieten. Die Radlager-Außenringe sind beim Sülzer oft mit Einlegeblechen in die Radnaben eingesetzt. Auch das ist kein Problem, wenn man es bei der Wartung im Auge behält. Werks-4x4 bekommen früher oder später auch Probleme mit zu großen Lagerbohrungen in den Radnaben, woran das genau liegt, ist mir bislang unklar.
Ich habe meinen Sülzer mit 26tkm gekauft und bin jetzt bei knapp 100tkm, bislang recht zufrieden.Jetzt zu deinem Problem:
Die Hurth-Achsen im Sülzer haben von der Bauweise und insbesondere der Einstellung her erst mal nichts gemein mit den Hurth-Achsen der Werks-4x4 von VW. Das hat den Vorteil, daß eine wesentliche Schwachstelle, wegen der bei den Werks-4x4 regelmäßig die Achsgetriebe kaputt gehen, beim Sülzer erst gar nicht vorhanden ist. Der Nachteil ist, daß wenn wider Erwarten doch mal ein Achsgetriebe kaputt geht, die Einstellung etwas komplizierter ist. Grundsätzlich gibt es auch zwei unterschiedliche Systeme, wie das Achsgetriebe bei den Sülzer-Achsen eingestellt wird. Beim einen System wird das Differential über Distanzscheiben eingestellt, die zwischen die Achsrohre und das Differentialgehäuse eingelegt werden. Das sind Scheiben bzw. dünne Bleche, die genau die Kontur vom Achsrohrflansch haben. Beim anderen System werden die Achsrohre nur stumpf mit O-Ring-Dichtung an das Differentialgehäuse geschraubt, die Einstellung erfolgt über Distanzscheiben im Inneren. Ich habe bei meinem Sülzer beide Achsen zerlegt und alle Dichtringe getauscht sowie die Steckachsenlager vorne und die Radlager. Bei mir wird die hintere Achse genau nach dem anderen System eingestellt wie die Vorderachse. Keine Ahnung warum.
An Dokumentation zu den Sülzer-Achsen habe ich nur die Explosionszeichnungen und Stücklisten. Ob ich Einstellvorgaben habe, muss ich noch mal nachsehen. Ggf. kann man sich da aber durchaus an Einstellvorgaben anderer Achsen orientieren. Die Qualität der Einstellung lässt sich letztendlich ohnehin nur durch Kontrolle des Tragbilds prüfen, das ist aber bei allen Achsen so.
Du kannst mich gerne direkt kontaktieren. Ich habe auch noch Einstellbleche da für den ersten Achstypen.Noch ein Wort zu den DANA-Achsen: Meines Wissens gab es nur die ersten 10-12 Sülzer, die mit diesen amerikanischen Achsen aufgebaut wurden. Einen davon fährt der Frank, der dem ein oder anderen hier im Forum bekannt sein dürfte, ein weiterer steht bei einem Freund von mir. Ob noch mehr davon fahren, ist mir nicht bekannt. Die DANA-Achsen unterscheiden sich grundlegend von den italienischen Hurth-Achsen. U.A. haben sie den Vorteil von Scheibenbremsen vorne und auch der Option, an der Vorderachse Freilaufnaben nachrüsten zu können (sinnvoll bei Permanentallradfahrzeugen). Der Lochkreis für die Felgen ist nach amerikanischem Standard und nicht der übliche 6x205. DANA und Hurth waren eigenständig und haben später fusioniert (oder fusionieren müssen). Wie diese Dana-Achsen innen aussehen und eingestellt werden, kann ich nicht sagen, ich habe noch nie eine geöffnet.
Gruß Chris aus dem Dachauer Land
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