Schön dass ihr wieder da seid, toller Bericht !
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Geschrieben von Eugen aus Hagen am 21. Oktober 2007 21:17:11:
Als Antwort auf: Albanien- wir sind wieder da geschrieben von Martin aus Pirna am 21. Oktober 2007 21:01:33:
> Da sind wir wieder. Wir sind zwei Wochen mit zwei LT 4x4, 3 Erwachsenen und ebensovielen Kindern ca.4200km unterwegs gewesen. Alles, was selbserwählte Reisegurus uns vorher wiedermal an (Halb- und Un-)Wahrheiten erzählt haben, war für die Katz'. Wir sind über Tschechien (Maut 25 Euro für eine Woche- die wir ja gar nicht brauchten) Slowakei (Maut 10 Euro für 24 Stunden- sowas gibts also doch noch!) Ungarn, Kroatien, Serbien, Montenegro nach Albanien gefahren. Alle Grenzen verliefen problemlos (der Kroate lachte über unsere Autos- "Camper für Rakete!" bis auf die Passage der Montenegrinisch- Albanischen Grenze, weil wie schon beim letzten Mal dem Montenegriner eine Laus über die Leber gelaufen war und er allen Passanten klarmachen musste, dass er hier das Sagen hat und er heute geruht, schlechte Laune zu haben. Sowas von Borniertheit und Aufgeblasenheit ist mir noch nicht untergekommen wie die Montenegriner Grenzbeamten in Han i Hotit. Okay. Es war schon dunkel, als wir Richtung Skhodra einfuhren und die fehlenden Autoscheinwerfer waren noch zu akzeptieren, die schwarzen Kühe auf der Straße allerdings hätten Reflektoren nötig... Beinahe hätte es geklappt. In Skhodra sind wir Richtung Strand gefahren und gleich am ersten Abend von der Polizei weggeschnappt worden.... sie haben uns den Strand gezeigt, den wir allein nie gefunden hätten, schon gar nicht im Dunkel- und sie haben uns zu einem Espresso in eine Bar eingeladen. Mitternacht kamen sie nach uns schauen, ob noch alles in Ordnung wäre (Weil sie uns zwar keine Angst machen wollten, alles wäre in Ordnung am Strand- aber eine Übernachtung vorm Polizeirevier wäre noch sicherer...) Und früh waren die beiden im ihrem betagten Pickup ohne Beleuchtung auch wieder da und verabschiedeten sich ganz nett von uns. Erlebnisse dieser Art haben wir mit Polizeibeamten mehrfach gehabt. Immer sind sie freundlich. Immer sind wir bei Polizeikontrollen an der Straße, wenn wir als Ausländer enttarnt wurden, durchgewunken worden. In Saranda hat mich einer einen halben Kilometer durch die Stadt geluchst, damit ich den Briefkasten am Postamt finde, bzw das Postamt selbst erst einmal. Briefkästen gibts nur am Postamt, sie sind rot und das Auffinden ist ein Geduldsspiel. Weiter gings am nächsten Tag über Durres (eine schrecklich dreckige Stadt, geplagt von Stromausfällen- überall ratterten Notstromaggregate). Der Campingplatz bei Porto Romana ist inmitten der Müllberge nicht auffindbar. Wenn man den Weg zu weit fährt, steht man plötzlich vor einer Kaserne und spätestens wenn der Wachhabende herauskommt und sich schon die Uniform glattzupft, merkt man, dass man schnell wieder fahren sollte;-) Übernachtet haben wir dann an einer Bar, die wohl irgendwie mit dem verschwundenen Campingplatz zu tun haben mußte. Nicht wundern, wenn die Leute blanke Drähte in die Steckdosen stecken, damit das Licht brennt. Solche Praxis haben wir öfter gesehen und das ist auch okay so. Es brennt Licht- und das ist schon allerhand. Morgens fuhren wir am Abwasserpumpwerk, das das Durreser Abwasser in das Meer pumpt, vorbei und waren schockiert vom Gestank und den ca. 5 Meter hohen weißen Schaumbergen, die über die Straße krochen und wir mußten mitten durch. Das Müllproblem und das Problem des Abwassers sind in weiten Teilen Albaniens ungelöst. Wir wissen jetzt, wo in etwa die Abwässer Tiranas ins Meer gelangen, weil wir sie gesehen haben. Wir haben gesehen, welche Berge von Müll einfach in der Landschaft liegen, einfach verkippt oder einfach nur auf die Straße geschmissen- Kühe, Pferde, Esel und Hunde wühlen darin und suchen nach Restern. Das ist das Schlimme an Albanien- das Schlimme für uns, denn die Leute dort haben sich damit arrangiert. Für sie ist nach dem Fall des eisernen Vorhangs nur der Konsum aufgetaucht- dass dieser auch seine Kehrseite hat, haben viele noch nicht begriffen. PET-Flaschen sahen wir in der schönsten Landschaft aus dem Bus vor uns fliegen. Mülltüten werden einfach fallen gelassen. Im Haus und davor ist es blitzesauber- der Müll wird einfach weitergekehrt.
>Wir fuhren die Küste bis Saranda, übernachteten in herrlichen Buchten, die ausnahmslos (gottlob) nur mit 4x4 zu befahren waren und wir verließen sie so, wie wir sie vorgefunden hatten. Das heißt, wir taten nicht noch Müll dazu. Am Llogorapaß gibts eine herrliche Wasserstelle und während die Kinder Wasser bunkerten, gabs für die Großen einen Espresso in der darüberliegenden Bar. Die Straße Richtung Saranda ist etliche Kilometer über Himare und Dhermi aspahltiert worden, was vor zwei Jahren noch nicht war, aber sie ist noch genauso schmal wie damals. An etlichen Stellen wird gebaut. Von Saranda aus schauten wir uns "Syr i Kalter", die blaue Quelle, an, 75m² Wasser/Sekunde strömen aus dem türkisenen Quelltopf. Dann gings nach Gijrokaster, der Stadt am Berg. Die Burg ist nicht unbedingt lohnend, weil darinnen außer im Dunkeln verborgenen (weil wieder mal das Licht nicht ging) Geschützen und Kanonen nicht zu sehen ist. Die Aussicht ist herrlich, aber die hat man fast aus der ganzen Stadt ebenfalls. in Gijrokaster stolperten wir auch das einzige Mal über ein Tourist-Büro. Dort gabs auch ein paar Flyer zu Sehenswürdigkeiten und zu Albanien selbst. Witzig sind die im Andenkenladen zu kaufenden Bunkerchen, die man als Aschenbecher aus Granit kaufen kann. In Natura stehen davon runde 700.000 (!!!) im gesamten Lande herum und man kann sagen, dass man so gut wie nie keinen davon sieht. Einer ist immer irgendwo in Sichtweite. Weiter gings zum Ohrid-See an der Grenze zu Mazedonien, dann wieder runter Richtung Elbasan, wo wir von Librazhd in Richtung Peshkopi fahren wollten, was wir aber aufgrund der derart miserablen Straße bei Regenwetter (jawohl- auch das hatten wir kurzzeitig, ansonsten aber Temperaturen bis 28°C!) abbrachen. Die Straße war einfach teilweise überhaupt nicht vorhanden. Fröhlich dahinhoppelnde MERCEDES-Transporter trösteten uns nicht darüber hinweg, dass wir Blattgefederte Starrachsen unter den Autos hatten, die es bis in die Bandscheiben übertragen, wenn ein Loch unter die Reifen gerät. und diese Straße hatte einfach viel zu viele Löcher! Wir fuhren also über Elbasan und Tirana (Tirana zur Rush-Hour....Jippiiiiieeehh!!!) wieder Richtung Skhodra und verließen das Land diesmal nicht über Han i Hotit, sondern weiter unten in Richtung Ulcinij in Montenegro- komischerweise waren die Grenzbeamten dort um Dimensionen besser aufgelegt als ihre dauer-übelgelaunten Kollegen in Han i Hotit.
>Der Rest ist schnell erzählt: Die gesamte dalmatinische Küste herauf bis Rijeka, dort Richtung Ljubljana, Loiblpaß (Igitt!!! Schnee!!), Mautfrei durch Österreich (!)- das geht eingentlich nicht, weil die Österreicher eine derart bescheuerte Auschilderung haben, dass man unweigerlich auf die Autobahn gerät, was wir aber nicht wollten, weil die Kisten beide jenseits der 3,5to-Marke angesiedelt sind und da wirds richtig teuer. Aber wir haben es geschafft, haben hinter Budweis noch ein einzweidrei Bier in einer Kneipe getrunken und sind todmüde in den bereits dieselbeheizten Bus gestolpert. 4°C und Schnee auf dem Dach! Vor zwei Tagen waren es noch 20°C!
>Fazit der Tour: Keine Angst gehabt, nie. Wozu auch? Die Leute haben eine derart umwerfende Freundlichkeit an sich, dass es für uns schon beschämend ist, weil wir so etwas nicht kennen. Wir sind oft ins Gespräch gekommen, auch wenn sich dieses dann ausschließlich mit Händen und Füßen abspielte, weil außer manchen jungen Leuten niemand Englisch versteht. Am ehesten noch wird Italienisch (in der Region um Skhodra, Durres und Vlora) gesprochen bzw in der Region um Saranda und die griechische Grenze Griechisch. Aber: "Deutche Auto gutt!" gabs auch zu hören, obwohl sonst kein Wort Deutsch gesprochen wurde. Es gibt alles zu kaufen, man muß nur wissen, wo. In vielen Läden gibt es ALLES, aber nicht das, was man sucht. So ist die Suche nach Brot immer eine leidige Sache gewesen. Es gibt Brot, aber zu finden, wo, kann etwas dauern. Es gibt wunderbare Wochenmärkte, wo es allerlei Grünzeug gibt, getrocknete Feigen, alle Sorten Oliven, auch Bananen, die ja nun mal nicht im Lande wachsen, Kürbisse, Melonen bis Hausgröße, Zwiebeln und was das Herz begehrt. Es gibts Fleisch an der Straße zu kaufen, worum wir aber aufgrund des es ankündigenden Geruchs einen Bogen machten, es gibt auch Fleischerläden in den größereren Siedlungen und den Städten, was aber aufgrund der Stromausfälle (ich meine jetzt nur Durres) zu einem Russischen Roulette für den Magen werden könnte. Der Geruch ist Schuld, dass wir schleunigst Reißaus vor solchen Läden nahmen. Käse, Fisch und Obst findet man oft neben den Straßen angeboten, meist stehen 10-20 Stände hintereinander und alle bieten das Gleiche an- nur eben kein Brot. Tankstellen gibt es in Massen, der Diesel fährt sich genauso, egal ob es Eurodiesel ist (der importierte) oder der normale im Lande hergestellte, der etwas billiger ist. Aller paar Kilometer gibt es "Gomister", die die Reifen flicken oder vulkanisieren, was wir nicht nötig hatten. Die Mercedesdichte liegt bei geschätzten 80-85% aller Autos. Der Fahrstil ist chaotisch-rücksichtsvoll, wenn man einen Begriff dafür erfinden müßte. Man kann ohne überhaupt zu schauen in einen Kreisverkehr einfahren und es wird nichts passieren. Man kann ohne zu gucken über eine stark befahrene Straße laufen und wird heil drüben ankommen. Es wird kein Reifen gequietsch haben und keine wird gehupt haben und erst recht nicht wird einer "DU RINDVIEH" brüllen. Gehupt wird, um dem Vorrausfahrenden anzuzeigen, dass man überholen möchte, oder weil eine unübersichtliche Kurve kommt. Aber nie aus Hass gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern wie in Deutschland. Es gibt keine Vorfahrtregeln und es gibt keine Unfälle- ob das Eine das Andere bedingt, habe ich nicht herausbekommen. Ampeln haben lediglich zum Zweck, die Straße mit ihrem hübschen bunten Licht zu schmücken. Ich widerhole nur noch mal: Tirana zur Rush-Hour...
>Ich habe es schon bei der letzten Fahrt für mich beschlossen: "Ein Land zum verlieben"- und diese Liebe habe ich jetzt aufgefrischt. Es war eine wundervolle Tour mit wunderbaren Begegnungen und dem schönsten Wetter, was man sich im Herbst wünschen kann. Vielleicht gibts noch mehr Leute, die meine Meinung teilen?
>
>mfG Martin aus dem schönen Elbtal
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