Re: Öldruckmanometer


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Geschrieben von Tiemo am 08. November 2020 01:13:43:

Als Antwort auf: Re: Öldruckmanometer geschrieben von Chris am 07. November 2020 14:17:07:

Hallo Chris, hallo Marcel!

Chris schrieb:
Und was ich außerdem dargestellt habe ist einfach der Punkt, daß man solche absoluten Werte mit primitiven Einbauinstrumenten von z.B. VDO nicht reproduzierbar messen kann.
„Zum einen sind die VDO-Instrumente und auch die anderer Hersteller gar nicht ausreichend genau, um auf ein halbes Bar absolute Werte messen zu können.“

Marcel schrieb:
Absolute Lüge! Der Geber hat eine Genauigkeit besser als 0.1 bar und sowohl die digitale Auslesung hat genügend Bit Tiefe, sowie auch die analoge Aufteilung genügend Bereich, um dieses ganz sauber angeben zu können!

Chris schrieb:
Hier spricht der Theoretiker. Wer sich mal ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, wird folgende Beobachtung machen: Messungen mit unterschiedlichen Messgeräten am gleichen Motor liefern meist unterschiedliche Ergebnisse. Abweichungen von bis zu einem Bar sind keine Seltenheit. Das kann man sogar feststellen, wenn man nur Geber und Anzeigen des gleichen Herstellers verwendet. Es handelt sich bei den Geräten um analoge Messtechnik mit analogen Übertragungswegen. Die Anzeigen haben entsprechende Toleranzen, mitunter sogar von der Betriebsspannung abhängig. Die Geberdosen haben Toleranzen, u.A. auch altersabhängig. Und die Übertragungswege sind anfällig auf schlechte Übergangskontakte, sowohl in der positiven Leitung als auch über die Masseverbinung. Die Praxis zeigt, daß die von dir angegebene Präzision nicht erreicht wird.

Meine Erfahrung deckt sich mit beiden Aussagen: Verschiedene Instrumente am slben Motor zeigen unterschiedliche Werte, oft auch von der Betriebsspannung abhängig, aber dasselbe Instrument zeigt oft zuverlässig sehr genau wiederholbar immer die gleichen Werte. Weder ist Chris ein Lügner noch Marcel ein (reiner) Theoretiker.
Das heißt für mich, dass die Instrumente schon ziemlich genau sind, aber einfach nicht kalibriert und natürlich mit einer großen Exemplarstreuung. Der Marcel geht dann einfach hin und macht mit Hilfe eines exakten Instrumentes eine Kalibriertabelle, außerdem nimmt er statt des meist von außen nicht justierbaren Zeigerinstrumentes ein wenig Elektronik in die Hand, um einen exakten Wert anzuzeigen. Siehe seine Tankanzeige.
Das ist aber dem "LT-Normalo" (rot ist braun und Plus ist Minus...) nicht so einfach möglich, der ist oft schon froh, wenn er das Instrument, wie es aus der Packung kommt, halbwegs vernünftig angeschlossen bekommt. Das zeigt dann irgendwas an, die Skala ist eher Verzierung.

Ich habe auch nicht behauptet, daß das etwas mit dem Öldruckgeber zu tun hätte. S.o.. Diese Abweichungen sorgen aber dafür, daß du zusätzlich zur Messungenauigkeit Abweichungen in deinen Ablesewert hineinbekommst, die nicht mit dem tatsächlichen Regeldruck des Überdruckventils zu tun haben, sondern mit dem restlichen Motor. Du kannst in diesem System nicht den genauen Regeldruck des Überdruckventils ermitteln, weil du den Einfluss des restlichen Motors nicht neutralisieren kannst. Das stellt absolute Werte als Maßstab grundsätzlich in Frage, auch wenn sie im Reparaturleitfaden drin stehen.

Im RLF stehen ja meistens Grenzwerte drin, die in einer bestimmten Prüfsituation mindestens eingehalten werden sollen. Da ist viel Spielraum für Exemplarstreuungen und alterungsbedingte Drift von Kennwerten enthalten.
Das Öldruckregelventil an der Ölpumpe ist ja auch ein so primitives Bauteil, das mag bei 6bar beginnen, sich zu öffnen, lässt aber dennoch bei entsprechenden Umgebungsbedingungen wie zB. hoher Drehzahl bei kaltem Motor und einem Saugdiesel mit wenig Ölverbrauchern dann Spitzendrücke bis über 8bar zu. Es hat einfach eine sehr flache Regelkurve. Und so verschlissen, wie alte Regelkolben aussehen, ist da auch eine Menge Reibung im Spiel, die für Ungenauigkeiten wie Hystereseeffekten etc. sorgen.

„Generell ist es nicht so schlau, den Öldruck auf der rechten Motorseite abzunehmen. Da gibt es die rein mechanischen Probleme, also schlechte Zugänglichkeit, wesentliche aufwändigere Kabelverlegung, und bei den älteren Motoren gar keine Anschlussmöglichkeit. Und es gibt das thermische Problem, weil die Öldruckmessdose in vollem Umfang die Hitzeabstrahlung des Krümmers abbekommt. Wie gut der Dose das auf Dauer tut und welchen Einfluss es auf die Messung hat, muss sich erst mal zeigen.“

Mann kann relativ einfach den Druck von dem Pleuel auf die Kurbelwelle berechnen, wenn man die Motordaten hat. Dieses kann man dann auch als Funktion der Drehzahl machen. Bei Anwendung von Newtonscher Gesetze kommt man schnell zu dem Resultat, dass dieser Druck auch durch das Öl erreicht werden muss, da ansonsten die Lager die Kurbelwelle berühren.

Nein, Marcel. Die Lager arbeiten hydrodynamisch, nicht hydrostatisch. Durch die Belastung kommt es zu einer Verlagerung der Welle im Lager, was zu einem keilförmigen Schmierspalt führt, der das Öl aufgrund seiner Viskosität und Wandhaftung in einer sogenannten Schleppströmung aktiv in den Spalt zieht und dort aufgrund der Keilform komprimiert. Dort treten wesentlich höhere lokale Drücke auf als die lächerlichen 5bar Öldruck der Pumpe. Rechne mal alleine aufgrund des Kompressionsdrucks von fast 40bar auf die Fläche eines Kolbens, welcher Öldruck an der Fläche des Kurbelwellenlagers herrschen muss, um ins Gleichgewicht zu kommen, und das ist noch ohne Verbrennung und kinetische Kräfte. Die Ölpumpe muss nur dafür sorgen, dass an allen Dosieröffnungen genug Öl zufließt, damit der Schmierfilm nicht aufgrund von Ölmangel abreißt.
Die mathematische Modellierung ist alles andere als leicht. Ich erinnere mich noch an "Maschinenelemente", wo solche Lager berechnet wurden, zu meiner Zeit noch ohne Computer, anhand einer großen Zahl von Einflusswerten verschiedenster Art, die in Tabellenwerken für verschiedenste Belastungscharakteristiken enthalten waren, anhand der "Sommerfeld-Zahl", einem dimensionslosen Kennwert für die Schnellläufigkeit, die erst einmal ermittelt werden musste. So eine Berechnung zog sich typischerweise über mehrere DIN-A-4-Seiten hin, das ist nicht trivial. Aber dank 230 Jahren Erfahrung noch aus der Zeit der industriellen Dampfmaschinen ziemlich fortgeschritten.

Und nun habt euch wieder lieb!

Gruß,
Tiemo



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