Regelung unserer Einspritzpumpen.


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Geschrieben von Joachim S am 09. Juli 2022 22:11:00:

Als Antwort auf: Dieselmotoren brauchen immer ne Leerlaufregelung... geschrieben von Joachim S am 09. Juli 2022 19:59:04:

Hi Zusammen,

dann will ich mal ein bisschen von dem erzählen, was ich bei der Beschäftigung mit dem Rallyeauto und der Pölerei so gelernt habe.

Also erstmal, warum braucht der Diesel eine Regelung?

Ich hole mal etwas aus, und erläre die Unterschiede zum Benziner. Bei dem stellt man einfach die Drosselklappe auf einen kleinen Schlitz ein (den kleinen Extrapfad vergessen wir mal). Dadurch saugt der Motor also seine Luft.

Dreht er schneller, bekommt er pro Umdrehung weniger Luft durch den engen Spalt, die Zylinderfüllung sinkt, der Motor entwickelt weniger "Kraft". Dreht er langsamer, haben die Kolben mehr Zeit, die Luft da durch zu saugen, die Füllung steigt, der Motor entwickelt mehr "Kraft", genauer gesagt, Drehmoment.

Auf diese Weise stellt sich ganz von allein ein stabiler Betriebspunkt ein, die Leerlaufdrehzahl stellt sich ein, gemäß der Größe der Öffnung.

Beim Diesel ist das ganz anders. Er hat keine Drosselklappe (jedenfalls unsere nicht) und bekommt frei soviel Luft wie er will. Wenn man nun die Einspritzpumpe auf eine feste Fördermenge je Hub einstellen würde, ergäbe sich kein stabiler Leerlauf. Bei der kleinsten Belastung ginge der Motor in den Keller, oder umgekehrt dreht er hoch. Weil er pro Umdrehung immer genug Luft bekommt, das Drehmoment direkt davon abhängt, wieviel Sprit je Hub eingespritzt wird, gibt es keine Selbstregulierung.

Also baut man einen Fliehkraftregler in die Einspritzpumpe. Der von Carlo erwähnte Regelschieber wird nicht etwa direkt vom "Gashebel" (Verstellhebel wäre die korrekte Bezeichnung) verstellt. Sondern indirekt, von der Reglerwippe. Auf diese wirkt einerseits über ein pfiffiges Federnpaket der Verstellhebel, andererseits der Fliehkraftregler.

Der Fliehkraftregler arbeitet dabei in Richtung weniger Fördermenge, der Verstellhebel möchte sie erhöhen. Aber er kann das eben nur über die Federn.

Steht der Motor, oder dreht sich nur mit Anlassdrehzahl, wirkt dabei eine sehr schwache Startfeder, sie gibt sehr viel Gas. Oft sogar mehr, als die Einspritzpumpe bei Volllast liefern würde. Diese Startmenge hilft dem Diesel beim Starten, und bewirkt auch das kleine Rußwölkchen, was er eigentlich fast immer in die Landschaft stellt.

Springt der Motor an, arbeitet der Fliehkraftregler, und drückt die Startfeder "platt". Ab nun übernimmt die Leerlauffeder. Diese regelt den Leerlauf, über den Anschlag am Verstellhebel spannt man diese im Prinzip nur etwas mehr oder weniger vor.

Steigt die Drehzahl weiter, drückt der Fliehkraftregler auch diese gegen einen Anschlag. Ab nun kann man mehr oder weniger direkt über den Verstellhebel den Schieber verschieben, und so die Fördermenge festlegen. Bis wir zur Abregeldrehzahl kommen. Eine weitere recht stark vorgespannte Feder gibt nun nach, und verhindert weitere Förderung.

Das ist so das Grundprinzip, im Laufe der Zeit wurde das immer ausgefuchster und komplizierter, und es gibt auch zahllose Varianten. Etwa Alldrehzahlregler für Stationärmotoren, und ne Menge Feinheiten, die erheblich beeinflussen, wie sich der Motor am Gaspedal so anfühlt.

Da wurde die Restmenge einstellbar gestaltet, und der Fliehkraftregler nahm sogar noch Einfluss auf den Förderbeginn (der normalerweise einfach mit dem bei mehr Drehzahl steigenden Pumpeninnendruck arbeitet). Bei den Turbomotoren kommt noch die LDA ins Spiel, die im Grunde den Anschlag für die maximale Fördermenge beeinflusst, und ihrerseits wieder (viel zu) viele Freiheitsgrade hat, so dass die Grundeinstellung einer solchen Pumpe zum Geduldsspiel wurde, und nicht mehr die für Euro 3 erforderliche Genauigkeit und Reproduzierbarkeit hinbekam.

Die elektronisch geregelten Einspritzpumpen waren dann ein regelrechter "Befreiungsschlag", weil die Mechanik kaum noch beherrschbar war. Sie kamen in den ersten TDIs zum Einsatz. Bei anderen Herstellern wurden auch noch Wirbelkammermotoren damit ausgerüstet, bei VAG nicht mehr.

Auch diese Pumpen sind aber mittlerweile Alteisen. Common-Rail hat sich durchgesetzt.

Soweit verständlich? Sonst einfach nachfragen.

Gruss Jo



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