Re: Du verstehst schon...


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Geschrieben von Tiemo am 06. September 2020 00:22:42:

Als Antwort auf: Re: Du verstehst schon... geschrieben von Marcel(NL) am 05. September 2020 23:05:33:

Hallo Marcel!

1) Wie wird das Radlager denn geschmiert?

Das Radlager läuft im Achsöl, das Achsöl wird durch die Drehbewegung umgewälzt.

2) Erklaere doch mal genau, was ein Lagerschaden durch "Ermuedung" ist. Bin ich sehr gespannt. Beruecksichtige dann bitte auch Youngs-Modul, Oberflaechenhaertung und Korngrenzennetzwerk....genauso wie die Dimensionierung der Rollen bezueglich der Last und moeglicher Verformung....bin echt gespannt was kommt...

Lagerschaden durch Ermüdung ist der typische Schaden an Wälzlagern bei Auslegung im Bereich der Zeitfestigkeit, also oberhalb der sofortigen Zerstörung und unterhalb der Dauerfestigkeit. Fahrzeugteile sind aus Gewichts- und Kostengründen eigentlich immer so ausgelegt.
Die Ermüdung kommt dadurch zustande, dass die Wälzkörper über den Schmierfilm einen "Druck" (Druckspannung) auf die Laufbahnen ausüben. Zwischen zwei Wälzkörpern besteht dieser Druck nicht, sodass sich beim Darüberlaufen Drucksituation und drucklose Situation abwechseln, man spricht von schwellender Belastung. Diese schwellende Druckspannung senkrecht zur Materialoberfläche verteilt sich im Material dann 3-dimensional, quer dazu entstehen entsprechende schwellende Zugspannungen. Es kommt zu Ermüdung des Materials, indem zunächst über Mikroverformungen (da keine Dauerfestigkeit) sich das Material zunächst verfestigt, dann aber entfestigt, was zur Ablösung kleiner Materialpartikel aus der Laufbahn führt, sogenannte "Pittingbildung". Das sieht unter dem Mikroskop aus wie Schlaglöcher in einer glatten Straße, und damit ist das Lager auch schon zerstört, da die Wälzkörper nicht mehr ruhig über die Laufbahnen rollen können und sich außerdem das Laufspiel vergrößert.
Der Youngs-Modul wird bei uns meist als E-Modul (für Elastizitätsmodul, eine Kennzahl für die Federhärte) bezeichnet. Er ändert sich bei der Härtung kaum, wohl aber ändert sich bei der Härtung die Elastizitätsgrenze, ab der grob sich der Werkstoff plastisch verformt und von der idealen Federkennlinie abweicht.
Als Härtung wird dabei die Änderung des Werkstoffs bezeichnet, die zum Anstieg der Elastizitätsgrenze führt, sei es duch chemische Veränderung (Eindiffundieren von Kohlenstoff oder anderen Stoffen) oder durch Verformung (work hardening), wozu auch die oben genannte Mikroverformung im Betrieb zählt. Dabei werden Korngrenzen geändert und gegeneinander verspannt, so das Gleitebenen im Material blockiert werden und es sich nicht mehr so leicht plastisch verformen lässt. Diese inneren Spannungen führen aber gleichzeitig zur Versprödung des Materials und, wenn sie zu groß werden, schließlich zur Entfestigung des Materials und dessen Versagen.

Dieser Schadensmechanismus "Ermüdung" lässt sich kaum durch die Schmierung beeinflussen und hat nichts mit Verschleiß durch Materialabtrag aufgrund von Festkörper- bzw. Mischreibung zu tun.

3) Warum denkst du eigentlich hat VW einen Magneten eingebaut in die Einfuellschraube? Erklaere mal den Sinn hiervon!

Der Sinn hiervon bezieht sich auf den Schadensmechanismus "Verschleiß durch Materialabtrag aufgrund von Festkörper- bzw. Mischreibung" und betrifft vor allem die Verzahnungen im Diff., bei denen Zahnflächen aufeinander reiben. Das Diff.-Öl soll diese Flächen voneinander trennen und tut das bei höheren Gleitgeschwindigkeiten auch. Wenn man jedoch aus dem Stillstand anfährt, existiert noch kein Schmierfilm, es reibt Zahnmaterial auf Zahnmaterial, was man als Festkörperreibung bezeichnet. Allenfalls haben hier Additive eine gewisse Schutzschicht auf den reibenden Oberflächen aufgebaut und mildern das ab, aber es kommt zum Materialabtrag und damit zur Entstehung von Partikeln im Öl. Wenn diese ferromagnetisch sind, kann man sie mit Hilfe von Magneten aus dem Öl entfernen. Das hat den Vorteil, dass sie nicht als zusätzliche Schleifkörper zwischen die Zahnflächen geraten und dort den Verschleiß erhöhen. Außerdem kann man anhand der abgeschiedenen Menge von Partikeln auf den Verschleiß rückschließen.

Gruß,
Tiemo



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