Re: Mein Bus im freien Fall?
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Geschrieben von Chris am 22. April 2019 09:28:37:
Als Antwort auf: Re: Mein Bus im freien Fall? geschrieben von Carlo Venlo am 21. April 2019 14:16:05:
Servus Carlo,
Interessant.
Mein Bus erreicht mit 90 Ps 130 km/h (mal angenommen das die 90 Ps bei 130 km/h vorhanden sind).
Dann müsste doch aus zu rechnen sein vieviel % Rollwiderstand ist und wieviel % Luftwiederstand. in sehr sehr grober Annäherung ja. Genauigkeit etwa +-10%, je nach Umgebungsbedingungen noch schlechter.
Dank neuer EU-Verordnung müssen bei Lkw jetzt Luftwiderstandsmessungen im Fahrversuch durchgeführt werden. Das von der EU diktierte Messverfahren ist eher hemdsärmelig, aber immer noch das genaueste, was man im offenen Fahrversuch überhaupt darstellen kann zu dem Thema.
Die Grundprobleme: Eine Unbekannte ist der Rollwiderstand. Um diesen überhaupt messtechnisch erfassen zu können, trifft man die Vereinfachung, daß der Rollwiderstand unabhängig von der Geschwindigkeit sei. Die Praxis zeigt, daß dies bei Weitem nicht der Fall ist, aber mit bestimmten Randbedingungen für die Bereifung kommt man zumindest ungefähr in den Bereich. Man fährt dann die gleiche Strecke ein mal bei hoher Geschwindigkeit (also mit Luftwiderstand) und ein mal bei niedriger Geschwindigkeit (also fast ohne Luftwiderstand) und geht dann davon aus, daß die Differenz dem reinen Luftwiderstand bei der hohen Geschwindigkeit entspricht.
Den Rollwiderstand rechnerisch zu ermitteln ist schlecht möglich - er hängt von so vielen Faktoren ab wie z.B. Reifendruck, Reifentemperatur, Reifenprofil, Reifenmaterial, Fahrbahnoberfläche, Fahrbahntemperatur, Radlast. Deshalb würde man hier bei sehr hoher Ungenauigkeit landen und wendet o.g. Messverfahren an.
Einen großen Einfluss hat auch der Wind. Egal, von welcher Richtung er kommt - je mehr Wind, desto schlechter die Messung. Im Gegensatz zum Rollwiderstand kann man aber den Wind relativ gut rausrechnen. Man braucht dafür einen feststehenden Windmesser und einen auf dem Fahrzeug montierten. Der Windmesser muss dabei nicht nur Windgeschwindigkeit, sondern auch den Winkel messen. Je größer der Angriffswinkel des Windes gegenüber der Fahrtrichtung und je stärker der Wind, desto ungenauer wird das Ergebnis.
Den Steigungswiderstand sollte man auch kennen. Die ideale Teststrecke dafür wäre ohne Neigung in jeglicher Richtung, findet man nur so gut wie nie. Konstante Neigung wäre noch ok, aber Gefälleabschnitte versauen ebenfalls das Ergebnis. Die beste Näherung erhält man, wenn man die gleiche Strecke sowohl in die eine Richtung als auch in die andere befährt mit dem gleichen Verfahren und dann den Mittelwert bildet.
Die Fahrwiderstände an sich werden dabei übrigens mit extrem fein abgestimmten Messradgarnituren gemessen, die das Antriebsmoment direkt am Rad ermitteln bzw. zwischen Radnabe und Felgenring.Kurz gesagt, die EU wendet ein recht aufwändiges und dennoch sehr störungsanfälliges Messverfahren an, weil rechnerische Ermittlung der Fahrwiderstände nicht mit brauchbarer Genauigkeit möglich ist. Rechnen kannst du da ein bissel, aber belastbar sind die Ergebnisse bei Weitem nicht. Es gibt dir nur eine sehr grobe Hausnummer, was die Aufteilung deiner Fahrwiderstände angeht.
Gruß Chris
- Rollwiderstand und Effizienzklasse von Reifen LockX 22.04.2019 16:49 (3)
- Re: Rollwiderstand und Effizienzklasse von Reifen Chris 23.04.2019 21:12 (2)
- Re: Rollwiderstand und Effizienzklasse von Reifen LockX 24.04.2019 00:21 (1)
- Re: Rollwiderstand und Effizienzklasse von Reifen Chris 26.04.2019 20:50 (0)
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