Re: Ampèremeter anschliessen und Alternativen?


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Geschrieben von Tiemo am 31. März 2019 00:43:04:

Als Antwort auf: Ampèremeter anschliessen und Alternativen? geschrieben von Flori_Stgt am 30. März 2019 20:30:57:

Hallo Florian!

Ich habe ein alternatives Mess-System. Ich wollte auch gerne Anlasser-Ströme (bis ca. 350A in meinem Fall) erfassen, diese sind bei den alten "Schätzeisen" ja ausgenommen, weil nur das Batterie-Hauptkabel über das Instrument geführt wird.
Wegen der hohen Ströme wollte ich mir auch keinen Extra-Spannungsabfall gegenüber der Serienverkabelung einhandeln. Daher ist mein "Präzisionshunt" das Masseband der Batterie selbst. "Präzision" (Vorsicht! Ironie!) deshalb, weil es halt in meinem Fall ein Alukabel mit relativ hohem Temperaturkoeffizienten ist.
Daran habe ich in gewissem (aufgrund der elektrischen Daten Werkstoff und Querschnitt des Massebands berechneten) Abstand zwei Messleitungen angebracht, an denen sich bei Stromfluss eine geringe Spannungsdifferenz bildet. Diese führen zu einem Messverstärker mit Operationsverstärkern. Dort wird das Signal verstärkt und auf einen bestimmten Nullspannungspegel umgesetzt. Dieser beträgt bei mir 1.28V, weil das die halbe Referenzspannung eines Analog-Digitalwandlers in einem Microcontroller (AVR) ist, der das Signal dann auswertet und auf dem Batterieinfopaneel anzeigt. Stattdessen könnte man aber genausogut ein analoges Voltmeter mit ca. 2.5V Vollausschlag anschließen.

In Bildern:

Das Masseband mit den Shunt-Abgriffen:
http://dev-0.dyndns.org/Material/Auto/Masseband_als_Mess-Shunt.jpg

Das Schaltschema des Verstärkers:
http://dev-0.dyndns.org/Material/Auto/Stromsensor.jpg

Kurze Erklärung zur Funktion:

- Links ist das Masseband als Strommessshunt mit sog. "Kelvin-Abgriffen" als Rmess bezeichnet. Der Messstrom fließt von der Chassis-Masse zum Batterie-Minuspol, es entstehen wenige mV Spannungsabfall, die potenzialgebunden abgegriffen werden.

- Rechts unten kommt die auf Schaltungsmasse 0.0V bezogene Referenzspannung Uref des AVR an. Da diese nicht belastet werden darf, folgt OPAMP 5 als Spannungsfolger hoher Impedanz.

- An seinem Ausgang sitzt der Spannungsteiler 1:2 mit einem C zur Bandbreitenbegrenzung. Hier wird die Referenzspannung halbiert und mit dem zweiten Spannungsfolger OPAMP 4 gepuffert.
Diese Spannung ist die Bezugsspannung (Nullpunkt) für die weitere Schaltung.
Wird kein AVR als Referenzspannungsquelle verwendet, sondern zB. für ein Analoginstrument ein einfacher Spannungsteiler, so kann OPAMP 5 entfallen und der Eingang des Spannungsteilers direkt mit den 5V Versorgungsspannung (aus einem 5V-Spannungskonstanter) bezogen werden. Da 4 OPAMPS in einem DIL14-IC-Gehäuse sitzen, hat man dann genau diesen IC.

- In OPAMP 1, der als "Instrumentation-Amplifier" beschaltet ist, wird das am Masseband abgegriffene, potenzialgebundene Differenz-Signal auf die Bezugsspannung umgesetzt. Die Verstärkung dieser Stufe beträgt 1.

- OPAMP 2 bildet den ersten, invertierenden Spannungsverstärker der zweistufigen Anordnung. Seine Verstärkung "X" wird über den Wert von "X x R2" eingestellt.

- OPAMP 3 bildet die zweite, nochmals invertierende Stufe, deren Verstärkung "Y" über den Wert von "Y x R3" eingestellt wird. Die Kondensatoren "C" und "100 x C" dienen der Bandbreitenbegrenzung und verhindern Rauschen.

- Das Signal ist nun auf die halbe Referenzspannung bezogen und wieder phasenrichtig. Daher bilden den Ausgang die Bezugssspannung Uout- und das Signal von OPAMP 3, Uout+. Hier kann zB. ein Voltmeter mit Mittelstellung oder ein DVM angschlossen werden. Verwendet man ein Voltmeter ohne Mittelstellung, so kann dies zwischen Masse 0.0V und Uout+ angeschlossen werden. Bei geeigneter Referenzspannung steht der Zeiger ohne Messstrom dann in der Mitte, da zwischen 0.0V und Uref / 2 eine Spannungsdifferenz besteht.

Anmerkungen:

- Die Shunt-Abgriffe lassen sich auch leicht an dem originalen LT-Masseband aus Kupfergeflecht und somit ohne Trennung der Stromversorgung anbringen, im Prinzip reichen da ein Paar Krokoklemmen; man muss dann halt umrechnen. Das Masseband war halt bei mir beschädigt, darum habe ich es sowieso ersetzen wollen.
- Es sind hier keinerlei Abgleichmöglichkeiten (Nullabgleich, Vollausschlag) vorgesehen, da ich das in meiner Messschaltung per Software erledige. Verwendet man den Verstärker zB. mit einem Analogmesswerk, so muss man dafür 2 Trimmer vorsehen, einen an der Referenzspannung für den Nullabgleich, einen als Spannungsteiler direkt vor dem Messwerk.
- Um dennoch mit dem sog. "Offset"-Wert nicht völlig in der Pampas zu landen, sind die Widerstände "R" entweder in 0.1% Toleranz auszuführen oder mit einem Ohmmeter 4 gleiche Widerstände aus einem größeren Pool auszusuchen, deren Werte möglichst gleich sein sollen.
- Der verwendete OPAMP-IC arbeitet mit dem Ausgang bis hinunter auf Null Volt (Rail-to-Rail), wenn er strommäßig nicht zu stark belastet wird (daher ist R3 auch 10k und nicht wie in der ersten Stufe 1k). Das IC ist für den LT "zeitgenössisch" (wichtig bei H-Kennzeichen, nein, nur ein Scherz; aber im Ernst: In den meisten Vorglührelais arbeitet sein "Bruder", der LM2901) Vorteil: Kostet 30Cent bei Conreichlin und hat alles, was man für diese Aufgabe braucht.
- Nicht in der Schaltung dargestellt ist eine 5V-Regelung, die zb. mit 78L05 erfolgen kann. Da meine Schaltung aber auch bei ausgeschalteter Zündung anzeigt, habe ich hierfür einen Konstanter aus Zenerdiode und Darlingtontransistor verwendet, die weniger Ruhestrom braucht (78L05: 8mA).

Gruß,
Tiemo



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