Re: Umbau LT auf Elektromotor


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Geschrieben von Tiemo am 08. Oktober 2018 00:41:34:

Als Antwort auf: Re: Umbau LT auf Elektromotor geschrieben von gamsrider am 07. Oktober 2018 18:18:55:

Hallo Roland!

Ich glaube persönlich nicht dass es so abwägig ist.

Für ein Fernreisemobil ist es definitiv abwegig. Da müssen lange Strecken ohne Versorgung gemeistert werden, es gibt keinen Strom unterwegs usw. Flüssigkraftstoff kann man da in Zusatztanks und Kanistern mitführen.
Schon für die normale Reichweite braucht man, wie wir gesehen haben, 1500kg Akkus. Da noch mal aufstocken, ist der LT voll, mit den leichten LT sind schon die 1500kg ein Problem (Dieselmotor und Getriebe wiegen zusammen ca. 300kg, dazu kommen noch mal 100kg Tank).
Und diese 1500kg wollen ja auch beschleunigt werden und walken die Reifen durch, ohne dass eine Nutzlast befördert wird.
Allenfalls käme da ein Hybrid in Frage, mit dem man schadstoffrei aus der Stadt rollen kann und dann auf Verbrennung umschaltet, evt. noch unter Nutzung der Bremsenergie, um die Akkus zu laden. Wobei man auf der Langstrecke eigentlich selten bremst.
Die Volvobusse in London zB. fahren mit dem Elektroantrieb an und schalten den Verbrenner dann ohne Anlasser über die Kupplung dazu. Das ist auch der Moment, wo der "normal" Verbrenner, aufgrund seines Betriebs mit einer Mindestdrehzahl, einen Moment lang nur die Kupplung heizt und daher einen fast unendlich schlechten Wirkungsgrad hat. Im Stillstand genauso, da kann man mit Hybrid die "Start-Stopp-Gedenksekunde" vermeiden, in der der "normale" Motor erst mal wieder anspringen muss.

Wenn ich mir die großen, teueren Reperaturen so im Rückblick ansehe, so haben die meisten mit dem Motor bzw. den Flüssigkeitskreisläufen am Motor zu tun.
Ölverlust am Ventildeckel, ausgeschlagene Ventilsitze, Risse im Zylinderkopf, Risse in den Einspritzleitungen, defekte Dieselrücklaufschläuche, defekte Wasserschläuche, undichter Kühler...

Das meiste davon würde ich nicht als große Reparatur bezeichnen ;-)
Dafür bist du ja vermutlich auch mehr als 100.000km unterwegs gewesen. Dass ein E-Mobil wartungsfrei ist, stimmt leider auch nicht. Es hat auch eine Kühlung, wo sicher innerhalb von 30 Jahren auch mal ein Schlauch porös wird oder eine Pumpe getauscht werden muss.
Und dann gibt es endlose Getriebeprobleme mit vielen E-Antrieben, das ist ja nach wie vor ein Verschleißteil. E-Motoren müssen neu gelagert werden nach langer Laufzeit, und sie sind so gut gekapselt, dass man hierzu den kompletten Antrieb zerlegen muss. Es gab auch schon Elektronikschäden nach Wassereintritt. Und wie gesagt, die Akkusysteme sind "brandgefährlich", mehr als Flüssigkraftstoff bei gleichem Aufwand.
Warum? Schon deswegen, weil alle Chemie zur Energiefreisetzung schon im Akku enthalten ist, ähnlich wie bei Raketentreibstoff (wo dennoch meist getrennte Tanks für die Komponenten vorgesehen werden): Wenn das Zeug "durchgeht", dann gibt es kein Halten mehr.
Ein Flüssigkraftstoff muss sich die zweite Komponente, Luft, dagegen erst aus der Umgebung holen, das bremst die Reaktion.

Und auch wenn ich nur die ersten zwei Seiten hier im Forum ansehe, dann betrifft der größte Teil der Probleme etwas das mit dem Motor zu tun hat.

Viele andere Probleme lassen sich leichter ignorieren, doch wenn der Motor nicht mehr geht, ist es vorbei mit dem Spaß...

Dazu kommt noch dass ich regelmäßig nach längeren Fahrten singende Ohren vom lauten Motor bekomme und an heißen Tagen der Motor fleissig das Führerhaus mitheizt.

Das mit dem Krach war halt beim LT noch nicht gelöst. Ein E-Antrieb wird da auch nicht lautlos zu verbauen sein.
Das Führerhaus wird alleine schon durch die Sonneneinstrahlung aufgeheizt, und die meisten Bleche sind auch rückseitig nicht wärmegedämmt. An neuen Autos ist so eine Tür dann halt einen gefühlten halben Meter dick.
Klimaanlage wird es in einem E-Auto auch nicht geben, da ist ja schon die normale Heizung/Lüftung wegen ihrer Leistungsanforderungen ein Problem.

Da kann man schon mal auf den dummen Gedanken kommen einen nahezu wartungsfreien, leisen und nicht so heißen Elektromotor einzubauen.

Der Motor ist ja auch nicht das Problem, nur die Frage der Energiespeicher ist halt noch nicht gelöst.

Die Frage ist ob ein Kompromiss auch möglich ist, da die Zuladung immer begrenzt ist, oder man auf zu geringe Reichweite gehen muss.

Die realisierten Fahrzeuge (auch VW hat schon Transporter elektrifiziert) sind alle auf geringe Reichweite optimiert.

Hier zeigen die besseren Akkus der Kreissl-Brüder aber jetzt schon, dass hier in den nächsten Jahren noch vieles möglich sein wird.

Irgendwas muss da passieren. Es müssen ja auch nicht unbedingt Akkus sein, man kann Energie auch als Druckvolumen oder in Form von Rotation oder noch andere Formen speichern. Momentan scheint chemische Energie in Form flüssiger Treibstoffe am einfachsten zu sein.

Zur Umweltfrage möcht ich jetzt gar nicht viel sagen, aber da wird sich auch noch einiges tun und die Öl-Umweltverschmutzung mit allen Nebenwirkungen von der Gewinnung bis zur Verbrennung sind so extrem dass fast alles andere besser scheint. Vor allem wenn man die Vorort Belastungen ansieht.

Da hast du dir anscheinend noch nie eine Mine für seltene Erden angesehen. Dort gibt es noch ganz andere Probleme als bei der Ölgewinnung, es werden beispielsweise massenhaft radioaktive Stoffe mit freigesetzt. Weil das aber (inzwischen meines Wissens sogar ausschließlich, auch aufgrund geringer Umweltnormen dort) irgendwo in China passiert, ist das für uns der berühmte Sack Reis...
Ob es von den seltenen Erden (der Name ist übrigens Programm...) überhaupt genug gibt, um jedes Fahrzeug der Welt komplett zu elektrifizieren, ist noch nicht raus. Dagegen fahren unsere Diesel ja sogar mit frisch gepresstem Pflanzenöl oder gebrauchtem Frittenfett und bestehen (fast) nur aus Eisen und Aluminium, die beide in der Erdkruste ziemlich häufig sind.
Aber für Akkutechnik sind ja auch noch andere Chemismen in der Diskussion, da tut soch hoffentlich wirklich noch viel. Vermutlich werden es Polymere, da sind wir dann wieder beim Öl. In dem Fall wird es aber nicht einfach verbrannt, sondern was draus hergestellt, schonmal ein Schritt weiter bei der Nachhaltigkeit.

Also noch scheint es zu früh und wir werden unsere Motoren wohl weiter über alle rüberretten, aber ich werd die Elktroszene sicher im Auge behalten, die Technik hat sich da in den letzte Jahren einfach unglaublich schnell entwickelt.

Auf jeden Fall hochinteressant!

Gruß,
Tiemo




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