Re: Zulassung


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Geschrieben von Chris am 03. Dezember 2011 11:16:28:

Als Antwort auf: Re: Zulassung geschrieben von Tiemo am 02. Dezember 2011 23:38:51:

Hallo Tiemo,

ich bin wie üblich der Meinung, daß man da mit trockener Theorie nicht weiterkommt. Wie oft hast du es beim Auto schon erlebt, daß deine Achse bis in den Anschlag ausfedert (was bedeutet, daß das Rad komplett den Bodenkontakt verliert)? Und wie oft hast du das beim LT mit seinen min. 2t Leergewicht erlebt? Der Anschlag beim LT und auch oft beim Pkw sind die Stoßdämpfer, die würden das aber auf Dauer auch nicht lange mitmachen. Zumal ich festgestellt habe, daß z.B. meine Monroe Van Magnum am LT hinten einen anderen Ausfederweg freigeben als die alten Seriendämpfer.
Ich gebe dir grundsätzlich recht, ein bisschen Führung des nicht verschraubten Spiralfederendes kann nicht schaden. Wobei ich mich da auch schon wieder Frage, wie gut das wirklich ist, wenn die Spiralfeder dann bei der alten LT-Achse mit Panhardstab bei den ständigen resultierenden Querbewegungen dadurch zusätzlich verspannt wird. Ich halte es für sinnvoll, daß das Lose Ende einfach möglichst flächig aufliegen kann (also nicht einefach eine offene Spirale), ein bisschen geschmiert ist und gut. Die ollen Schaumstofffedern sind ja unten auch nicht wirklich geführt und werden mit der Zeit einfach aufgearbeitet.
Zum Thema Vorspannung und Leerweg: Klar sollte die Feder bei betriebsüblichen Ausfederwegen nicht ständig wegen mangelnder Vorspannung vom Teller abheben und wieder aufschlagen. Ich denke da muss man sich ein bisschen rantasten und lieber etwas weichere Federn nehmen, die mehr Arbeitsweg bis zum erreichen der gewünschten Kraft haben. Die oben vorgestellte Variante mit den harten Tieferlegungsfedern halte ich für ziemlich ungeeignet. Wir haben bei unseren Stockcars viel mit zusätzlichen Federn experimentiert. Dazu haben wir in den vorderen Federbeinen innerhalb der normalen Spiralfeder noch eine zusätzliche Spiralfeder eingebaut (da vorne der Durchmesser meist deutlich größer ist als hinten, kann man dazu sehr gut hintere Federn innerhalb der vorderen einsetzen), dabei mit verschiedenen Längen und Härten gearbeitet. Es hat sich gezeigt, weiche Feder mit langem Vorspannweg ist zwar saublöd zu montieren aber bringt die besten Ergebnisse. Harte Federn arbeiten zu viel, und wenn sie nicht zu hart sein sollen, muss man sie so kürzen, daß sie wieder zu viel Spiel bekommen oder man einen zweiten Federteller braucht, also nicht so glücklich.
Ich habe mir neulich einen Isuzu 5-Tonner in der 4x4-Version angesehen. Der hat pro Seite je zwei Blattfederpakete, eines für den "normalen" Betrieb und eines, das im Ruhezustand in der Luft hängt und erst bei sehr starker Einfederung des normalen Paketes an seine Auflager stößt und dann als Zusatzfeder wirkt. Dabei schlagen die Enden des Zusatzfederpaketes dann einfach gegen Stahlwinkel, die am Rahmen verschraubt sind. Das beweist auch, daß nicht alles perfekt geführt und definiert sein muss. Wenn die Teile ausreichend dimensioniert sind, wird trotz des Verschleißes durch Anschlagen und Hin- und Herreiben des Federblattes auf den Anschlägen die ganze Konstruktion über die Lebensdauer des Fahrzeuges halten (mal abgesehen davon, daß man die Federung speziell bei Nutzfahrzeugen durchaus zu den Verschleißteilen rechnen kann).

Was also solche Prüfungen angeht: Ein Prüfer, der sich alles ins Detail vorrechnen lässt und dann anhand dessen entscheided, was er zulässt und was nicht, den kann man eigentlich komplett vergessen. Mit solchen Leuten wird man nie neue und interessante Lösungen umsetzen können. Fahrzeugbau ist keine Wissenschaft, sondern dazu braucht es viele Erfahrungswerte. Nicht umsonst kommt auch zu Zeiten sehr mächtiger Simulationswerkzeuge kein Hersteller an umfangreichen Fahrzeug- und Bauteilerprobungen vorbei. Es gibt auch keine 100%-Auslegung. Wenn man alles auf Fehler- und Ausfallfreiheit auslegt (ich spreche jetzt von der Mechanik, nicht von der Elektrik), wird jedes Fahrzeug zu schwer und zu teuer. Es werden also grundsätzlich immer Kompromisse eingegangen, die über die zugrunde gelegte Lebensdauer des Fahrzeugs eine akzeptabel kleine Ausfallquote erreichen sollen.
Entscheidend für den Entwickler genauso wie für den Prüfer sind daher die Erfahrungswerte und das Einschätzungsvermögen, und nicht die Rechenkünste.

Und was die Vorzugslösung angeht: Diese Schaumstoffteile sind doch der absolute Mist. Hast du dir die in gebrauchtem Zustand mal genau angesehen? Die altern und verschleißen kontinuierlich, und ebenso kontinuierlich verändern und verschlechtern sich ihre Federeigenschaften. Der Kunde fährt aber in aller Regel so lange damit rum, bis die Dinger sich komplett aufgelöst haben. Ist das für dich die gute Alternative? Oder doch eher eine Stahlfederlösung?

Was die Aircells angeht: Im Grunde sehe ich da was die Zulassung angeht keinen Unterschied zu den Corsa-Federn. Die Aircells kommen aus den USA, wo es keinen TÜV gibt und es einfach egal ist, was die Leute an ihre Pick-Ups und Vans ranschrauben. Bei uns muss man die im Grunde auch eintragen lassen, weil sie keine allgemeine Zulassung haben. Im Grunde muss sich der Prüfer da genauso Gedanken machen wie bei den Stahlfedern. Warum sollte also das eine ein Problem sein und das andere nicht?

Gruß Chris



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