Re: VP37 - Umbau auf mechanische Gasbetätigung mit LDA möglich?
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Geschrieben von Chris am 11. Januar 2011 22:03:08:
Als Antwort auf: Re: VP37 - Umbau auf mechanische Gasbetätigung mit LDA möglich? geschrieben von Tiemo am 10. Januar 2011 23:02:15:
Moin Tiemo,
>Natürlich ist die Entwicklung ziemlich teuer, dennoch wird die in Serienprodukten auf dermaßene Stückzahlen umgelegt, dass dies nicht so der kostentreibende Faktor sein sollte - und falls doch, sollte vielleicht ein wenig nachhaltiger entwickelt werden und nicht jedes Jahr ein neues, unausgereiftes Produkt auf den Markt geworfen werden. Dieses Problem ist aber nicht KFZ-spezifisch. Gerade wenn, wie du bemerkst, die Steuergeräte und die verwendeten Algorithmen sich nicht groß unterscheiden und vor allem die Parameter-Sätze zu optimieren sind, sollte sich das gegenüber mechanischen Steuerungen eher kostendämpfend auswirken.
Unter "nachhaltig" verstehe ich eigentlich was anderes, aber in dem Zusammenhang: Der Kunde erwartet Fortschritt, und auch andere Anforderungen steigen. Beispiel Abgasnormen, mit jeder Stufe benötigt man mehr Sensoren, Stellglieder etc., das lässt sich über Software allein nicht in den Griff bekommen. Andererseits wird ein Steuergerät, was mehr Optionen offenhält, automatisch seitens des Lieferanten teuerer, ohne daß klar ist, ob und wann die zusätzlichen Funktionen jemans genützt werden. Bei der schnellen Entwicklung heutzutage ist das Steuergerät von heute morgen schon wieder veraltet und durch eine neuere Generation ersetzt, so daß langfristig gedachte Lösungen überhaupt nicht sinnvoll sind.
>Naja, dafür gibt es Simulationen, in denen man sämtliche Konditionen beliebig durchpermutieren kann. Ich staune in dem Zusammenhang immer wieder, was kleine Tuning-Firmen trotz geringer Manpower und geringer Stückzahlen an Optimierung an den angeblich so ausgereiften Programmen zustande bringen...Simulation kann auch in der Elektronik niemals den Versuch ersetzen. Simulieren kann ich nur, was ich vorher schon erwarte. Wechselwirkungen und unerwünschte Nebeneffekte treten immer dann im Betrieb auf, wenn keiner damit rechnet. Kleine Tuning-Buden zählen nicht. Die haben viel geringere Ansprüche an Lebensdauer, Zuverlässigkeit, Einsatzbedingungen (z.B. muss ein Volkswagen rund um die Welt problemlos laufen, egal ob in Sibiren oder der Sierra Nevada), Gesetzesvorgaben (für Kleinserien oft nicht relevant). Bestes Beispiel Chiptuning: Bis auf wenige Firmen, die wirklich wissen, was sie da tun, wird da erschreckend viel Müll produziert und die Kunden abgezockt.
>Das ist schon klar, dass die Randbedingungen im KFZ hart sind. Waren sie aber schon immer, auch für mechanische Komponenten! Gegen Felder und Spannungsspitzen gibt es seit hundert Jahren Schutzschaltungen, die heute nur wenige Cent kosten, aber anscheinend trotzdem nicht konsequent eingesetzt werden. Weil der Kunde halt keinen Einblick hat...
EMV ist ein riesiges Thema und mit den heutigen Einflüssen durch Funkeinstrahlung aus allen Ecken nicht mit ein paar Entstördrosseln abgetan. Insbesondere bei Elektro- und Hybridfahrzeugen mit starken Gleich- und Drehfeldern gibt es da große Probleme zu lösen. Da viele Steuergeräte mittlerweile sicherheitsrelevant sind, müssen sie 100% einflussfrei arbeiten.
>Und häufig ist es nach meinen Beobachtungen auch noch so, dass Schwachstellen bewusst eingebaut werden - zB. gibt es beim T4 Steuergeräte, bei denen sind Druckssensoren direkt auf der Hauptplatine aufgelötet, die aber systematisch im Laufe des Betriebs mit Öl geflutet werden und dann nicht mehr funktionieren. Ich meine: Sowas ist vorhersehbar und gewollt.
Gewollt sicher nicht. Gelegentlich nimmt man kleine Nachteile in Kauf, wenn man damit an anderer Ecke sparen kann. Ein austauschbarer Sensor bedeutet immer einen Mehraufwand in der Entwicklung. Drucksensoren auf der Hauptplatine gibt es eigentlich seit den ersten Steuergeräten ende der 70er (K-Jetronic etc.), kenne ich jetzt nicht als klassische Fehlerquelle. Ist heutzutage auch uninteressant, ein Kabel kann ich leichter verlegen als eine Druckleitung oder ich kann einen Sensor direkt an den nächstgelegenen Datenbus ranhängen.
>Überhaupt sind die meisten Sensoren Cent-Artikel, werden aber eher im 20EUR-Bereich gehandelt, jedenfalls gegenüber dem Endkunden. Gegenüber den Lieferanten soll es da ja ganz anders aussehen...
Ist ja logisch. Niemand verkauft Sachen zum Selbstkostenpreis. Und selbst wenn das Innenleben ein Cent-Artikel ist, kommt wieder ein Gehäuse drumrum was den entsprechenden Anforderungen des Herstellers entsprechen muss und umfangreich getestet wird.
>Tja, vielleicht wagt es ja doch mal die eine oder andere Tuning-Bude, eigenständige Universalsteuerungen raus zu bringen und zuzulassen. Das ist ja auch noch so ein Punkt, der Gesetzgeber unterstützt ja die Geheimnistuerei, indem Steuergeräte und die Software darauf ABE-relevant sind. Das hält zwar die Industrie nicht davon ab, Autos rauszubringen, die trotz allem ach so hohen, angeblichen Aufwand auch mal gerne eigenmächtig beschleunigen (jüngstes Beispiel: Prius), wohl aber die Selbermacher, auf legalem Weg etwas Vernünftiges zu bauen und damit aus Software-Ruinen wieder nachhaltig sinnvolle, funktionierende KFZ zu machen. Das ist so eine Art integrierte Verschrottungsprämie...
Sorry, aber das ist nicht so. In der ABE wird die Erfüllung der Zulassungsforraussetzungen bestätigt. Das sind bestimmte geforderte Äußerlichkeiten und Funktionen eines Fahrzeugs. Der Fahrzeughersteller definiert, mit welchen Komponenten er diese Anforderungen in seinem Fahrzeug erfüllt. Es wird nicht das Steuergerät geprüft, nur die Funktion, die es erfüllt. Veränderungen an Fahrzeugen sind grundsätzlich kein Problem, solange es den Nachweis gibt, daß die gesetzlichen Anforderungen weiterhin erfüllt werden, und das ist auch gut so. Nur dieser Nachweis muss eben erbracht bzw. die Funktion geprüft werden und das kostet halt. Verboten ist es nicht, und wenn jemand meint, er kann damit Geld verdienen, soll er es machen und sich eine ABE dafür holen. Die kleinen Firmen haben es da sogar wesentlich leichter: Bei Einzelzulassungen oder auch Kleinserienzulassungen müssen nur die allerwenigsten Vorschriften erfüllt werden.
>Open-Source ist übrigens eine der besten Methoden, verborgenen Fehlern auf die Schliche zu kommen, weil es einfach unheimlich viele Testpersonen gibt.
Ist irgendwo klar. Es gibt kaum einen besseren Erprobungsumfang als einen langjährigen Feldversuch. So viel simulieren und testen im Zeitraffer kann man in der Entwicklung niemals. Grundsätzlich werden häufig auftretende Probleme auch registriert und analysiert. Die Umsetzung erfolgt dann aber mitunter erst in der nächsten Generation, sofern es da nicht schon wieder neue Wechselwirkungen gibt.
Will eigentlich nur sagen, ganz so einfach ist das Thema nicht. Man tut sich mit der vielen Elektronik definitiv keinen Gefallen. Es gibt mehr Funktionen, aber auch mehr Gefahren. Wenn es erst mal losgeht, daß die bislang vorgeschriebenen mechanischen Systeme (Lenkung, Bremsbetätigung) durch reine Elektronik ersetzt werden (Drive by Wire), fühle ich mich nicht mehr sicher in so einem Fahrzeug. Da kann dann bei voller Fahrt alles passieren, ohne daß man es noch irgendwie beeinflussen könnte.
Gruß Chris
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