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Geschrieben von Chris am 02. Januar 2021 14:48:11:

Als Antwort auf: Re: HA-Bremse unerklärlich ungleich geschrieben von ltpit(Peter) am 23. Dezember 2020 05:18:33:

Servus beinand',

da mich der Yannick angeschrieben hatte, ob ich noch alte 270er Bremsbacken zum Aufnieten liegen hätte, obwohl ich ihm vor einigen Monaten erst die komplette Bremse mit ATE und VW Originalteilen bestückt hatte, der LT einwandfrei bremst mit blockierenden Rädern und auch die Bremswerte beim TÜV gut und gleichmäßig waren, hatte ich mich schon gefragt, was hier im Forum dazu geschrieben wurde, was zu einem derart schrägen Bild geführt hat. Wie kommt man auf die Idee, nagelneue ATE-Beläge zu ersetzen durch Noname-Ware zu selber Aufnieten, und dann auch noch bessere Bremsenwerte zu erwarten? Jetzt ist mir einiges klarer...

Ich sehe, hier und auch in vergangenen Beiträgen zu dem Thema wird doch einiges durcheinander geschmissen und (mal vorsichtig ausgedrückt) unvollständig darüber berichtet. Daraus kann man bei Weitem noch keine allgemeinen Schlüsse zulassen. Der Fall vom Yannick ist ein gutes Beispiel:
Sein LT hat hinten eine andere Achse bekommen. Bremse (270mm einzelbereift) wurde umgebaut und mit Neuteilen bestückt, ich meine Hersteller Brembo. Die Bremse machte von nun an Probleme, entweder zu wenig Bremswirkung oder schleifende Beläge mit heißen Bremsen bis hin zur Qualmbildung. Mehrere Werkstätten haben den Fehler nicht entdeckt und beheben können, die Schlussfolgerung war eine mangelhafte Materialqualität. Ich hatte mir dann die Mühe gemacht, sämtliche Bremsenteile neu zu bestellen von ATE. Ausnahme waren die Trommeln, die ich noch als VW Originalteile liegen hatte. Ich gehe jetzt nur mal auf die hintere Bremse ein, obwohl wir die vordere auch komplett überholt hatten.
Bei der Montage hinten zeigten sich durchaus Auffälligkeiten: Die Aussparungen in den Backen für die Druckstange waren sehr knapp bemessen, man musste etwas nachklopfen, damit die Backen da richtig reinrutschten. Nicht schön, aber ok, hat keinen Einfluss auf die Funktion. Dann fiel auf, daß sich die Trommeln kaum über die Backen schieben ließen, obwohl die Druckstngen auf Minimum zurückgestellt waren. Ich ging in dem Moment davon aus, daß es an den zu knappen Aussparungen für die Druckstange lag oder die Auflagenasen unten am Halteklotz etwas zu lang. Nach der Montage hatten wir dann das gleiche Bild: Entweder zu wenig Bremswirkung, oder schleifende Beläge. Ich hatte dann die Backen noch mal abgenommen und die Aussparungen und Auflagenasen leicht nachbearbeitet. Die Trommeln gingen dann besser drüber, aber das Problem war nicht behoben. Erst am nächsten Tag entdeckte ich dann den Fehler: Bei der Montage der Radbremszylinder waren keine Unterlegscheiben bei den Schrauben verbaut oder zu lange schrauben, jedenfalls kuckten die Schraubenenden einen knappen mm aus dem Fuß des Radbremszylinders raus auf jeder Seite. Dadurch konnte aber die Feder, die beide Bremsbacken oben miteinander verbindet, nicht sauber über den Fuß des Radbremszylinders gleiten, sodaß die Feder immer am Schraubenende hängen blieb und nach unten gedrückt wurde. Zusammen mit der Feder wurden aber auch beide Backen immer nach unten gedrückt. Die sorgte letztendlich für die schlechte Montierbarkeit der Trommeln, als auch für die ewig schleifenden Backen!
Nachdem ich unter jeden Schraubenkopf eine Unterlegscheibe gepackt hatte, konnte die Feder wieder sauber in Position rutschen. Die Trommlen ließen sich problemlos montieren, die Bremse problemlos einstellen. Es schleift nichts und die Bremswirkung ist wieder einwandfrei. Es lag also definitiv nicht am Material, sondern war ein Montagefehler aller vorangegangener Werkstätten, den auch ich erst im zweiten Anlauf entdeckte. Man ist ja geneigt zu glauben, daß andere auch wissen, was sie da tun ;-).

Heute gibt es nur noch geklebte komplette Bremsbacken mit miserabler Qualität..
Habe die alten Backen mit den heute gebräuchlichen verglichen.Ausser ähnlichkeiten haben die wenig gemeinsam. Die Ausschnitte für Bremszylinder,Druckstange usw.sitzen nicht an den selben Punkten.Auch sind die verschweissten Teile nicht richtig Winkelig.

Diese Aussage ist mir z.B. zu pauschal. Natürlich gibt es Backen in sehr schlechter Qualität, ich habe selber schon welche zurückgeschickt (Fa. "SCT Germany", allergrößter Müll made in China). Auch KvB hat mir von Bremsbacken berichtet, bei denen Montagebohrungen fehlten und nachgesetzt werden mussten. Aber es wäre wichtig für uns alle zu wissen, mit welchen Teilen welches Herstellers jemand welche Probleme konkret hatte. Nach meiner Erfahrung gibt es durchaus noch brauchbare Teile und es ist noch nicht soweit, daß die einzige Alternative diese Noname-Beläge zum Selberaufkleben/-nieten sind!
Die ATE-Backen waren bis auf die knappen Aussparungen einwandfrei. Wenn ich den Montagefehler eher entdeckt hätte, hätte ich sie wahrscheinlich gar nicht nachbearbeiten müssen unten an den Auflagenasen. Die Bremswirkung spricht für sich. Ob die Beläge zum Selbstaufkleben wirklich für bessere Bremsenwerte sorgen, möchte ich erst mal im direkten Vergleich sehen.

Die Beläge bedecken nicht die gesammte Oberfläche der Bremsbacken. ... Dann das neue Bremsband auf der Tischkreisäge zugeschnitten+auf die gesammte Backenfläche genietet.

Das ist bei Simplex-Trommelbremsen, wie sie der LT hat, völlig normal. Weil jeder Backen nur an einem Ende gegen die Trommel gedrückt wird, verteilt sich die Anpresskraft des Backens an die Trommel ungleichmäßig über die Länge des Backens. An einem Ende ist die Anpresskraft sehr hoch, am anderen eher niedrig. Der Umstand, daß sich das Rad beim Bremsen ein Drehmoment ins System einleitet, sorgt dann noch zusätzlich für unterschiedliche Anpresskräfte auf dem vorderen und dem hinteren Backen der gleichen Bremse. Der vordere "auflaufende" Backen wird gegen den Haltebock unten gedrückt und baut sehr hohe Kräfte auf. Der hintere "ablaufende" Backen wird vom Haltebock weg in den Radbremszylinder gedrückt, wodurch sich ein Teil seiner Anpresskraft mit auf den vorderen Backen verschiebt, er hat insgesamt weniger Kraftübertragung zu stemmen.
Weil also bei der Simplex-Bremse beide Backen unterschiedlich starke Kräfte aufbauen und jeder Backen für sich eine unterschiedliche Kraftverteilung hat, passt man die Länge der Beläge jeweils an. In Bereichen, wo die Andruckkraft eher gering ist, lässt man vom Belag etwas weg. Das erhöht sogar die Andruckkraft in den übrigen Zonen des Backens, wo mehr Kraft aufgebracht wird. Wer also einen Belag über die ganze Länge des Backens aufbringt, tut sich nicht unbedingt einen Gefallen!
Das ist übrigens nicht nur bei den aktuell käuflichen Bremsbacken so. Auch bei älteren Bremsbacken sieht man, daß die Beläge je nach Einbauposition des Backens nicht über seine ganze Länge aufgebracht sind.

Die Bremsbacken dann mit Hilfe eines Bandschleifers so nachgearbeitet das sie genau vollflächig auf der gesammten Trommelfläche aufliegen.Das geht gut wenn mann Ersatztrommeln hat.
Die Druckstangen habe ich auch überarbeitet an den Auflageflächen.

Diese beiden Arbeitsschritte z.B. sind von den verwendeten Backen und Belägen völlig unabhängig. Natürlich bremst es von Anfang an besser, wenn ich die Auflagefläche an die Trommeln anpasse. Das gilt sowohl für fertig gekaufte Backen als auch für selber belegte.
Und Druckstangen verwendet man ja in der Regel die originalen weiter.

Aufgefallen ist mir auch, das ich nicht wie vorher jedes Jahr die Bremse hinten nachstellen muss um vernünftige Bremswerte zu bekommen.
Die automatische Bremsnachstellung funktioniert wieder.

Das hat sicher nichts mit dem Thema zu tun, ob man fertige Backen kauft oder neu belegt. Ist m.E. einfach eine Frage der Wartung.

Noch ein Vorteil....es ist nun auch wieder möglich Trommeln länger zu fahren.Ausdrehen der Trommeln war wegen fehlenden Übermassbelegen ja nicht mehr möglich.

Das ist ein wesentlicher Vorteil, richtig. Backen mit Übermaßbelägen habe ich auch lange nicht mehr gesehen. Ist allerdings auch bei den aktuellen Preisen für neue Trommeln und den oftmals geringen Fahrleistungen nicht bei jedem Fahrzeug ein Argument.

Ich möchte nicht pauschal gegen die Beläge zum Selbstaufkleben / -aufnieten sprechen. Ich verwende sie bei meinem Sülzer LT selber, da es für meine Knott-Bremse schon seit vielen Jahren weder neue Trommeln noch neue Backen mehr gibt. So konnte ich jetzt die Backen komplett neu belegen und die Belagstärke passend zum Verschleiß meiner Trommeln auswählen. Die Bremsleistung ist gut und gleichmäßig. Allerdings habe ich keinen Qualitätsvergleich zu fertigen Backen, da ich keinen Sülzer kenne, der noch mit brauchbaren Originalteilen in der Bremse rumfährt.

Ich wünsche mir einfach, daß wenn hier jemand über die Probleme mit der Bremse schreibt, die entscheidenden Fakten auch klar auf dem Tisch liegen:
- welcher Teilehersteller und wo gekauft?
- korrekte Montage? Ganz sicher? (Bilder!)
- welche Teile getauscht (z.B. nur Backen oder Backen und Trommeln)?
- hinterher auch eindeutige Fehlerursache oder Beschreibung, wie der Fehler abgestellt wurde.

Wir müssen einfach ein klares Bild bekommen, welche Lieferanten noch was taugen, und welche nicht. Das hilft auch bei der Fehlersuche.

Frage noch an LT-Pit, wo er seine Beläge kauft und von welchem Hersteller die sind. Ich habe bei Ebay eigentlich nur zwei Anbieter gefunden. Über Qualität und Herkunft der Beläge war aber nicht viel rauszufinden.

Gruß Chris



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