LT Motor versus Hochleistungstriebwerk


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Geschrieben von Zausels_Kerl(Martin) am 29. Dezember 2016 17:03:36:

Als Antwort auf: Re: @LTpit, ´Santa aus USA´ geschrieben von Hannes aus dem Westerwald am 28. Dezember 2016 21:51:51:

Eines ... solltet ihr bei der Diskussion nicht vergessen. Die Motoren, die auf die "Bauernwerkzeug"-Art aufbereitet werden, sind eher bei der Generation "Hatz-Diesel" oder Lanz-Bulldog als in der Motorengeneration TDI-SuperFuzziEinspritzer mit 126 Sensoren und Hyperelektroniksteuerung.

Was habe ihr früher beim Mopped gemacht, wenn die ersten fetten Riefen am Kolben sichtbar wurden? Richtig ... 80iger Schmirgelpapier um den den Schippenstiel und fröhlich den Zylinder geschrubbt. Dann den Kolben etwas fein gemacht, neue oder gute gebrauchte Kolbenringe drauf und ab die Post. Klar, den Zylinderkopp und drin laufende Mimik bei der 50iger runter zu schrauben ist Minutensache, da ist der Schwauberaufwand beim Vielzylinder LT Triebwerk schon etwas größer. Dem entsprechend möchte man natürlich das Intervall bis zur nächsten Fälligkeit einer Motorüberholung so groß wie möglich halten.

Faktisch ist es mal so, dass der LT Motor mit 10tel Milimeter Toleranzen produziert wurde und ein bisschen mehr Kolbenspiel und Kolbenringflattern den "Kohl nicht fett" macht. Ein vernünftiger Hohnschliff um den Ölfilm zu tragen ist wichtiger als das letzte 100stel Zylinderrundheit. Arbeitet man mit "Gefühl" und entsprechender Feinmotorik nach dem Pit-Prinzip, so lässt sich sehr wohl viel erreichen und ein schlapper Motor wieder auf Trab bringen und bei einer Laufleistung von 10tkm/anno noch einige Jahre gebrauchen. Ob der Wirkungsgrad nun um 0,x% niedriger liegt oder nicht ist vom Prinzip her eigentlich eher weniger wichtig. Da sind die LT Triebwerke sowieso etwas toleranter :-)

Ich habe einige Motoren der älteren Generation (1,1-1,6 L VW 4-Töpfler, Motoren der M10 Serie des BMW) auf vergleichbare Art und Weise, wie Pit es tut, zurück ins Leben gerufen oder deren Lebensdauer gravierend verlängert. Auch die M20B2x Generation des Wuppdichs lassen sich begrenzt noch auf die altbewährte Art und Weise renaturieren und auf Laufleistungen brinden, die mit x-Komma-Millionen angegeben werden. Mechanisch sieht die Welt dann so aus, dass die Kompressionswerte brauchbar, der Ölverbrauch akzeptabel und das Laufverhalten des Motors wieder gut bis sehr gut sind. Auch ich kann Pit seine Aussagen bestätigen, dass mit der Ami-Schleifhexe und dem Tri-Hohnsteingedöhns, ein wenig Gefrickel um Stoßspiel der Kolbenringe passend zu gestalten und entsprechenden Randarbeiten ein Motor noch ein zweites oder drittes Leben haben kann. Gleiche Vorgehensweise würde ich bei dem 273PS 3.0TD Biturbo Drehmomentwunderim X3 nicht wählen, da dieser Motor dicht an der Leistungsgrenze und mit zuviel Steuerungoptionen produziert wurde. Weicht hier die Kompression in den Zylindern nur marginal ab, so hat man gleich eine Litanei an Fehlermeldungen im Steuergerät...
Als ich den Beruf des KFZ Mechanikers gelernt habe, waren derartige Reperaturen durchaus üblich und haben den gewünschten Erfolg gehabt. Bevor damals ein Motor tatsächlich auf die Maschine gespannt und die Reibahle angesetzt wurde, hat man alle anderen Möglichkeiten zunächst ausgeschöpft. Zu der Zeit musste man noch einiger 100km fahren um einen Betrieb zu finden, der überhaupt in der Lage war einen Motorblock genauer als die Bauernwerkzeugvariante maschinell zu bearbeiten! Die ersten "Austauschmotoren", die seinerzeit in die Ersatzteilpalette aufgenommen wurden, gab es auch bei VW erst Ende der 70iger Jahre. Eine "übliche" Motorenüberholung war tatsächlich, zerlegen-reinigen-messen-Hohnschliff-neue Kolbenringe und ab dafür ... Nicht umsonst gehörte das manuelle Schleifen der Kolbenringe (Stoßspiel) mit zur Ausbildung dazu. Lagerschalen für Pleuel und Kurbelwelle wurden noch begutachtet und wieder eingebaut oder ausgetausch, je nach Befund. Mancherlei Dichtung musste noch von Hand aus dem Papier gestanzt werden, da neue zu teuer oder nicht zeitgerecht verfügbar waren. Zu dieser Zeit wurden die Lagerflächen der Kurbelwelle noch "geläppt", heute kennen die Wenigsten überhaupt noch den Begriff. Wird ein Läppleinen mit Öl getränkt, dann stehen eher die Umweltschützer auf und fragen wo das Läppleinen hinterher entsorgt wird ... Das modernste Werkzeug war dabei der Drehmomentschlüssel und auch dieser war bei manch einem Schrauber nicht erschwinglich; die Motoren wurden trotzdem zusammengebaut und wenn der Schrauber geschickt war, dann hat sein Handwerk auch ohne Drehmomentschlüssel funktioniert. Da wusste man noch, dass ein Meter Schraubenschlüssel mit einem Kilo Druck für 10Nm Drehmoment standen.

Wo heute eine ISO 900x zertifizierter Motorenbauer den Austausch oder eine komplette qualitätsgesicherte Motorenüberholung einfordert, wurde damals noch mit sauberer Handarbeit gefeilt, geschmirgelt und poliert. Da hatte der austrainierte Monteur noch eine Arbeitsbrille und eine Sonntagsbrille. Warum sollte also bei Motoren, die aus dieser Generation stammen, heute eine solche Bearbeitung nicht mehr funktionieren. Ob die Vorgehensweise zeitgemäß ist, da kann man trefflich drüber streiten. Angemessen ist sie auf jeden Fall, wenn die Arbeitsstunden keine direkten Auswirkungen auf das Geldsäckel haben oder man seinen alten Motor gerne noch am Leben erhalten möchte ohne Euros mit einem Gegengewicht eines neuen Motors zu opfern.

vG
Martin



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