Re: Steuer Bayern oder BRD oder wie ? ;-) (etwas länger)


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Geschrieben von Klaus am 26. März 2005 19:30:36:

Als Antwort auf: Steuer Bayern oder BRD? geschrieben von Michael aus Waghäusel am 26. März 2005 00:09:17:

Moin ;-)

> wenn Bayern vertagt, wird das ganze wohl gestoppt, oder ist das
> auch wieder Ländersache?
> Da es heißt die Länder haben den schwarzen Peter an den Bund
> zurückgeschickt dürfte die Steuer wohl einheitlich ruhen oder?
> Wieso müssen sich die Länder eigentlich einigen, wofür sinds denn Länder?!?
> Ich wohne in BaWü und denke für mich gilt das gleiche Aufatmen,
> oder kann da noch was kommen?

Ja, da kann noch etwas kommen.

Nochmal ein Versuch, warum das so gelaufen ist, wie es jetzt läuft:

Wohnmobile sind zulassungsrechtlich keine PKW in Deutschland, soweit es die Zulassung auf den Namen betrifft. Irgendwann um 1984 herum ist das auch mal in Sachen Kfz-Steuer ausgeklagt worden (frag' nicht, das Urteil habe ich nicht). Man hat sich schon damals an dem § 23 Abs 6a StVZO entlang gehangelt und die 2800kg als Grenze für die Hubraumbesteuerung genommen. 1984 gab's einige Wohnmobile weniger als heute, viele waren auf VW T2 / T3 und ähnlichen Kalibern aufgebaut und diverse hatten einen Benzinmotor an Bord. Der Kfz-Steuer-Satz betrug einheitlich 14,40 DEM / 100cm², so richtig ein Thema war das also nur eines für wirkliche Hubraumriesen und die waren selten.

Das viel zitierte BFH-Urteil von 1998 beschäftigte sich eigentlich nur in der Revision mit dem Ansinnen eines Finanzamtes, einem Fahrzeughalter nach nachträglicher Auflastung die Gewichtsbesteuerung zu verweigern. Der Schuss ging ein wenig nach hinten los, der BFH hat festgestellt, dass hier keine Unterschiede zwischen "von vornherein mehr als 2800kg" und "nach Auflastung mehr als 2800kg" zu ziehen seien und insoweit grundsätzlich die Gewichtsbesteuerung anzusetzen sei.

Ende der 80er Jahre wurde die Kfz-Steuer als Gestaltungsmittel entdeckt, wie man den Fahrzeugbestand bzw. das Zulassungsverhalten und auch die Nachrüstung von Abgasreinigungsanlagen (welchen Wirkungsgrad diese Mikrokats auch immer hatten) zu steuern. Parallel dazu brauchte man Geld in der Haushaltskasse, es gab diverse Anhebungen in der Kfz-Steuer und in der Mineralölsteuer. Bei letzterem Thema kommt nun u.a. die deutsche Speditionslobby auf die Bühne, denn der LKW aus NL oder N schaffte es mit 800 Litern ohne Tankstop durch Deutschland, während der deutsche Spediteur wohl eher selten über die Grenze fuhr. Heute sieht das schon etwas anders aus, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls hatte man das Problem, das man den Dieselkraftstoff nicht in vollen Zügen besteuern konnte, und so wurden zum fiskalischen Ausgleich die Kfz-Steuer-Hebesätze in der für die LKW irrelevanten Hubraumbesteuerung angehoben.

Dazu kommt der Schlingerkurs der letzten 15-20 Jahren in Sachen "Umweltfreundlichkeit eines Dieselmotors". Nun, so wirklich "umweltfreundlich" ist eigentlich gar kein Verbrennungsmotor, es fragt sich also, wer richtet mehr Schaden an, und zunächst hielt man den Diesel da konstruktionsbedingt für besser als einen KAT-losen Benziner. Ich will's nicht bewerten und nicht vertiefen, Anfang der 90er Jahre wurde das anders gesehen, mittlerweile waren KAT-Benziner in der Neuzulassung eher die Regel als die Ausnahme und nun gab's wieder Handlungszwang beim Diesel, der neben Verfeinerungen an den Einspritzanlagen einigen Fahrzeugen auch einen Oxidationskatalysator bescherte, wenn man denn dafür zahlen wollte. Der einzige Transporter, der mir auf die Schnelle dazu einfällt, ist Fiat's zweite Auflage vom Ducato mit dem ab ~ 1994/95 angebotetenen 2.5TDi Cat (zunächst 81kW). Finanziell gelohnt hat sich das wohl nicht und das Teil bringt auch keinen Mehrwert in Sachen Russpartikeldiskussion, aber ist ansonsten sicher keine schlechte Idee gewesen.

Ebenfalls in den 90er Jahren kommen die Wohnmobilhersteller auf den Gedanken, ihre Fahrzeuge nach einer EWG-Norm als PKW (Klasse M1) zuzulassen, um auf diesem Wege eine EU-weite Tpzulassung zu erlangen. Zulassungsrechtlich bleiben die Wohnmobile in D i.d.R. "Sonstige Kfz Wohnmobile", für die Halter hat dieses monetär zunächst keine Auswirkungen.

Mitte 1997 wurden die letzten Änderungen in der Kfz-Steuer beschlossen, die dann scheibchenweise umgesetzt wurden, die letzte Stufe trat zum 1.1.2005 in Kraft. Was da bei den Dieseln und den KAT-losen Benziner steht, ist nichts anderes als eine Strafsteuer zur Bestandsregelung, und etwa 19 Jahre nach dem die Sache in Gang gekommen ist, kann man das ja vielleicht auch so annehmen, selbst die meisten Wohnmobile leben nicht so lang.

Das Problem liegt allerdings woanders, denn die Schadstoffnormen für die PKW gelten - auch in der Typzulassung - nur bis zu einem Gewicht von 2500 (nicht 2800) kg. Ist das Fahrzeug schwerer, und das trifft heute auf diverse Vans, 4x4 und Kleinbusse zu, gelten andere Schadstoffnormen aus dem Transporterbereiche, wobei ein so zugelassenes EURO3-Fahrzeug dann aber m.E. nach EURO2 tarifiert wird.

Auch Tranporter müssen Schadstoffnormen erfüllen, sonst gibt's keine Typzulassung mehr, aber sie schlägt sich bis 3500kg nicht in der Kfz-Steuer nieder. Die Hubraumbesteuerung greift nicht für LKW, egal welches Gewicht das Auto mitbringt, insoweit geht diese Hubraumbesteuerung an dieser Klientel vorbei. Wäre es anders, würden heute vermutlich auch die Steuersätze anders aussehen, denn es ist nicht anzunehmen, dass die VW Konzernspitze den G40 aus dem Polo in den LT verpflanzt hätte, um dem Hobel zu etwas Leistung zu verhelfen.

Hm ...

... ich komm' vom Thema ab, was ? :-}

Nu' ist's auch egal.

Das bereits genannte BFH-Urteil wird für eine Auflastungswelle genutzt, damit entzieht sich auch der 4l-Toyota Landcruiser aus den 70ern der horrenden Kfz-Steuer, vor allem aber etliche Vans, Kleinbusse und auch neuere 4x4, obwohl bei diesen Fahrzeugen aufgrund meistens vorhandener Euro3/4-Zulassung nur relativ wenig Geld zu sparen ist. Dumm auffallen tut allerdings, dass es einige neuere Fahrzeuge gibt, die nur mit dem Kniff des hohen Gewichts um die Typzulassung mit den PKW-Schadstoffnormen herum kommen und da wird gemeckert. Es wird ein Politikum daraus, Anfang 2004 wird Handlungsbedarf "erkannt", im Sommer 2004 gibt's einen Beschluss an den Bundesrat, dieser stimmt am 24. September 2004 zu und am 28. Oktober 2004 bringt Trittin eine entsprechende VO auf den Weg.

Soweit, so "gut". Oder auch nicht, denn diese Aktion hat einen Webfehler. Als Grund allen Übels erkennt man - vermutlich aus der BFH-Rechtsprechung - den ollen Absatz 6a aus dem § 23 StVZO, der da ein Kombinationskraftwagen mit 2800kg nennt. Diese Teil ist mal um 1967/68 eingeführt worden, um sich ein zusätzliches Verkehrszeichen zu ersparen (nämlich zu dem "ausgenommen PKW" auch noch "ausgenommen Kombinationskraftwagen" als Ausnahme unter irgendwelche Verbotszeichen zu hängen). Da verkehrsrechtlich keine Bedenken bestanden, auf diesen Absatz zu verzichten und ein Entfall den BFH-Urteil(en) die Grundlage entzieht, womit die schweren PKW und Kombinationskraftwagen wieder fiskalisch zu PKW werden, was ja gewollt war.

Irgendwann muss es dann aber aufgefallen sein, dass man damit - vorgeblich ungewollt - auch eine Reihe anderer Fahrzeuge in die Hubraumbesteuerung einkassiert, d.h. all die Fahrzeuge, die vormals als PKW (M1 - siehe oben) Typ-zugelassen oder später durch Umbauten zu Fahrzeugen zur überwiegenden Personenbeförderung umgerubelt wurden.

Nun ist Kfz-Steuer insoweit eine Länder-Steuer, als das die Einnahmen daraus (so um die 8 Mrd EUR p.a.) voll den Ländern zukommen. Die Gesetzgebungskompetenz steht allerdings dem Bund zu und der hat meistens kein Interesse daran, dass die Länder unterschiedliche Süppchen kochen, von seinem o.g. Interesse an der politisch gewollten Beeinflussung des Bestands und vor allem des Zulassungsverhalten ganz abgesehen. Also müssen die Länder mehrheitlich zu einem Beschluss kommen, sonst ändert sich im KraftStG zunächst mal nichts. Da diese Kombination auch unter dem genannten Vorzeichen der bundesweit einheitlichen Besteuerung etwas problematisch ist, gab es den Vorschlag, man möge den Ländern die Einnahmen aus der Versicherungssteuer zukommen lassen (etwas mehr als 8 Mrd EUR) und dem Bund die Kfz-Steuer überlassen. Welche Folgen so etwas in Sachen Kfz-Steuer haben kann, darüber will ich jetzt nicht spekulieren, es kam aus anderen Gründen nicht zu dieser Lösung.

Zurück zu den - ungewollten ? - Auswirkungen, unter Federführung Bayerns wurde im Herbst eine Länderarbeitsgruppe zu diesem Thema "Wohn- und andere Mobile" eingesetzt, die Ende November auch mehrere Vorschläge machte. Aus dem Stehgreif heraus waren das m.E. folgende Ideen:

- alle Wohnmobile werden unabhängig vom Gewicht nach Hubraum besteuert
- alle Wohnmobile werden unabhängig vom Gewicht nach Gewicht besteuert
- es wird eine eigene Fahrzeuggruppe in das KraftStG mit eigenen Hebesätzen eingeführt

Lt. Aussage einer bayer. FD sollte diese Gruppe dann zu dem ersten Vorschlag tendiert haben. Der ist insoweit auch einfachst umzusetzen, was in der Presse gerne mal anders dargestellt wird, es reicht ja aus, alles so laufen zu lassen wie es jetzt läuft (am 1.5. ist der zitierte Absatz aus der StVZO weg und damit die Besteuerungsgrundlage). Bayern hat dann einen eigenen, etwas abweichenden Vorschlag entwicklelt, der das bisherige "System" von 2800 auf 3500kg verschob, d.h. darunter Hubraumbesteuerung und darüber nach Gewicht. Politisch sicher ein Kompromiss, aber m.E. keine besonders intelligente Lösung, denn die gegenüber den "kleinen Wohnmobilen" vorgebrachte Argumentation kann kaum anders aussehen als bei den grösseren/schwereren und häufig baugleichen Fahrzeugen.

Bevor jetzt wieder irgendwelche mässig qualifizierte Einwände kommen, die die Steuerbelastung mit irgendwelchen Tempolimits verquicken, sei vorbeugend darauf hingewiesen, dass ein Wohnmobil zulassungsrechtlich unabhängig von der ursprünglichen Typzulassung in D auch unter 3500kg kein PKW ist und insoweit auch nicht dessen volle Berechtigungen im Strassenverkehr hat, was vor allem an den Parkverboten auffällt, wenn diverse Gemeinden oder auch der Bund an den BAB's die Stellflächen mit den Zusätzen "nur PKW" oder "nur LKW" o.ä. garniert, denn dann sitzt man zwischen allen Stühlen.

Anfang März sollte das zwischen den Bundesländern verhackstückt werden, allerdings gab es angeblich bereits im Vorwege Äusserungen, dass es für nachträgliche Änderungen keine Mehrheit geben werde und so brachte Bayern den Vorschlag erst gar nicht ein.

Die auch hier veröffentlichte Anordnung der bayerischen OFD, ab dem 1. Mai die Kfz-Steuer von Amts wegen neu festzusetzen (und nicht erst mit der u.U. erst 364 Tage später einsetzenden neuen Beitragsfälligkeit dann rückwirkend zu erheben), ist insoweit nur konsequent. Und eigentlich ist das auch ganz gut so, denn jetzt setzt das wie auch immer motivierte Geschrei richtig ein, wobei mir da die Promobil unangenehm aufgefallen ist (nicht wegen der Kfz-Steuer-Änderung an sich, sondern weil man in gepfelgt überheblicher Art und Weise in der Februar- und nochmal in der Mitte März (!) erschienen April-Ausgabe jeden Hinweis auf die drohende Änderung als Panikmache ohne sachlichen Hintergrund darstellte, um sich jetzt plötzlich an die Spitze der Fahnenträger stellen zu wollen).

Wenige Tage später ruderten die Bayern zurück, es wird zunächst keine Neufestsetzungen geben, weil man nochmals aus eine Klärung Ende Mai spekuliert.

Also nochmal:

Es bedarf keiner erst zu beschliessenden Gesetzesvorlage, um die Hubraumsteuer einzuführen, sondern es müsste eine Änderung im KraftStG oder eine Anweisung des BFH geben, wie mit den Wohnmobilen fiskalisch zu verfahren ist, sonst ist die Hubraumbesteuerung für Wohnmobile unabhängig vom Gesamtgewicht zum 1. Mai 2005 Fakt.

Der Bund kann da viel vorschlagen, absegnen müssen es die Länder und das mehrheitlich, das KraftStG gilt dann wiederum bundesweit. Diese "Schwarze Peter"-Debatte ist wenig hilfreich, denn die Länder sehen es sonst auch nicht gerne, wenn der Bund in ihre Einnahmequellen eingreift.

Hmm ...

Alle Klarheiten beseitigt ?

mfG
K.R.




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