Meister der ESP


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Geschrieben von LTUSer am 04. Februar 2015 08:31:52:

Als Antwort auf: Re: Bosch Lehrfilm zur Diesel ESP, Düsen etc... geschrieben von Tiemo am 04. Februar 2015 02:30:04:

Moin Holger/Tiemo und ESP-geplagte
...und an den Taten werdet ihr sie erkennen. Ich meine, kennt Ihr da so nen Meister der ESP, einen welcher wirklich Ahnung hat, von dem was er verbricht. ich hab da nämlich so ein Problem. Meine DW-ESP lechzt schon nach einer fachgerechten Überholung...aber nachdem bei div. Boxxxdiensten anscheinend nur mehr Baumarktpersonal fluktuiert und in ner VW-Werkstatt alle LT-Mechanos wegpensioniert wurden, stehe ich was ESP betrifft wie ein Blinder in der Wüste. Aber vielleicht könnte ich die nördlichen Kollegen mal fragen, ob es da Adresse gibt wo sich der jahrzentelang-getreue LTUser nähern könnte - bei dem Wissenspotential sollte es doch noch den einen oder anderen Meister der ESP geben. Hab auch ne Email falls wer verschwägert oder sonstwie wirtschaftlich liiert sein sollte....was meine ESP nicht unbedingt störet....
Danke schon mal
LTUser


Hallo Holger!


Bzw, was wurde abweichend jener Technik der 50er bei den 80er Dieseln verbessert?
Der im Film gezwigte LKW hat einen Dieselmotor mit Vorkammerverfahren, die ESP (Einspritzpumpe) ist eine Reiheneinspritzpumpe mit Förderelementen für jeden einzelnen Zylinder.
Unsere LT-Motoren arbeiten nach dem Wirbelkammerverfahren (das im Film auch kurz angesprochen wird). Dabei wird dem Luftstrom bei der Kompression und dem Überströmen durch den tangential angeschlossenen Schusskanal in die Kammer ein Drall (Wirbel) verpasst, der für eine bessere Durchmischung mit dem in die Kammer eingespritzten Kraftstoff und eine Ladungsschichtung (nach fetten und mageren Anteilen) bewirkt. Beim Ausströmen in die in den Kolben geformte Brennkammer in Form der beiden Kreiszylinder in unseren Motoren wird wieder ein Drall, diesmal in Form zweier Wirbel im Zylinder, erzeugt, der eine Nutzung der kinetischen Energie der Brenngase beim Ausströmen aus der Wirbelkammer bewirkt, indem die ausbrennenden Gase sich weiter mischen und daher jedes Brennstoffmolekül letztlich sein Sauerstoffmolekül findet, um nicht als Ruß zurück zu bleiben (so weit die Theorie). Wie im Film gesagt, kommt man dabei mit geringen Einspritzdrücken (bei unseren LTs um die 150bar) aus. Durch die effiziente Nutzung der kinetischen Energie kann der Kanal zwischen Wirbelkammer und Zylinder weiter gestaltet werden, was gegenüber dem Vorkammerprinzip eine Steigerung des Wirkungsgrades, insbesondere bei höheren Drehzahlen, bedeutet: Es treten dadurch weniger Reibungsverluste bei der Durchströmung auf.
Die ESPs unserer LTs sind Verteilereinpritzpumpen, das heißt, sie haben, unabhängig von der Zylinderzahl, nur einen Förderkolben und benötigen daher auch nur einen Bruchteil des Gewichts einer entsprechenden Reiheneinspritzpumpe. Dieser Verteilerkolben steuert die einzelnen Anschlüsse für die Zylinder an, indem er eine kombinierte Bewegung aus Hub (zum Fördern) und Rotation (dabei tritt in bestimmten Winkeln eine druckführende Nut in Kontakt mit den einzelnen Anschlüssen) ausführt. Die Anzahl der Förderkolben einer Reiheneinspritzpumpe entspricht dagegen der Anzahl der Zylinder, dementsprechend aufwendiger ist der Aufbau. Die Herausforderung ist dabei vor allem die Gleichmäßigkeit aller Elemente. Das kommt im Film ja zur Sprache, da jeder Förderkolben einzeln justiert werden muss. Leider kann man das nur für eine bestimmte Drehzahl perfekt machen (im Film 1000/min), weil die Kurven der Steuerkanten der einzelnen Kolben naturgemäß gewissen Toleranzen unterliegen und sich bei anderen Drehzahlen dann die Fördermengen der einzelnen Kolben voneinander unterscheiden. Dadurch läuft ein Motor unrund.
Aber auch unsere ESPs sind kantengesteuert. Anders als die im Film gezeigten Förderkolben haben sie jedoch keine Steuerkurve eingearbeitet, sondern haben eine umlaufende Kante, die von einem verschiebbaren Ring abgedeckt wird. Über die Verschiebung des Rings wird gesteuert, wann der Fördervorgang abbricht, indem der Druck ab einem bestimmten Förderhub in den Pumpenraum entweichen kann.
Der Ring wird auch bei unseren Pumpen von einem Regler angesteuert, der die Drehzahl durch Fliehkraft berücksichtigt und Anschläge für Leerlaufdrehzahl und Abregeldrehzahl hat. Darüber hinaus wird noch die maximale Fördermenge drehzahlabhängig, und im Fall der Turbodiesel, auch ladedruckabhängig, begrenzt.
Auch unsere ESPs haben eine Spritzverstellung. Im Gegensatz zu der im Film gezeigten arbeitete sie aber nicht mit Fliehgewichten, sondern hydraulisch über einen federbelasteten Kolben, der unter dem drehzahlabhängigen Innendruck der ESP ausgelenkt wird. Er kann auch über den KSB (Kaltstartbeschleuniger) ausgelenkt werden, indem man den Knopf am Armaturenbrett heraus zieht.
Die im Film gezeigte ESP hat eine getrennte Vorpumpe (kombiniert mit manueller Vorpumpe, weil das System nicht selbstentlüftend ist wie beim LT). Bei unseren LTs ist diese Pumpe als Flügelzellenpumpe realisiert und mit in der ESP integriert und erzeugt einen drehzahlabhängigen Vordruck im Innenraum der ESP. Auch sie fördert mehr, als benötigt wird, so dass ein Teil des Kraftstoffs über ein Drosselventil in den Tank zurück strömt. Das Drosselventil in der berühmten "OUT"-Schraube ist nötig, damit sich ein fördermengen- und damit indirekt drehzahlabhängiger Innendruck aufbauen kann, obwohl eine Abflussmöglichkeit besteht.
An dieser Stelle wird auch das Lecköl von den Einspritzdüsen wieder zugeführt und fließt mit dem übrigen Kraftstoff über die gemeinsame Rücklaufleitung zum Tank zurück.
Die Düsen sind im Film wie bei unseren LTs Drossel- bzw. Zapfeneinspritzdüsen, weil beides Nebenkammermotoren sind. Bei unseren LTs ist nur der Leckölrücklauf wesentlich simpler über gesteckte Gummischläuche realisiert anstatt über verschraubte Hydraulikleitungen, was sich in entsprechend häufigen Störungen (Luft im System durch poröse Schläuche) diesbezüglich bemerkbar macht. Beim Perkins war das noch anders. Im Film werden schon Düsen mit Vorstrahl gezeigt, diese waren im LT erst beim ACT/ACL-Diesel verbaut.
Gruß,
Tiemo



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