Re: Pleuel prüfen nach Zahnriemenriss
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Geschrieben von LTPIT(Peter) am 23. März 2012 18:23:34:
Als Antwort auf: Pleuel prüfen nach Zahnriemenriss geschrieben von Joachim S am 23. März 2012 11:42:40:
>Hi Zusammen,
>nach meinen Erfahrungen ist ein Kolben "weicher" als ein Pleuel. Meist ist nach einem mittelschweren Ventiltreffer das Pleuel noch OK.
>Aber was bedeutet schon meist... Was kann man mit bescheidenen Mitteln selbst machen? Bescheidene Mittel ist relativ, eine Messuhr mit Stativ sollte schon vorhanden sein.
>Schritt 1 natürlich, nach einem solchen Treffer muss der Kopf ohnehin runter. Nun kann man also den Kolbenüberstand messen. Dazu dreht man die Kolben einzeln in den OT und misst ihren Überstand zur Dichtfläche des Motorblocks. Mit einer Schieblehre oder einem Tiefenmaß geht das höchstens auf 1/10 mm genau. Zumal der Kolben immer etwas wackeln kann, und es drauf ankommt, wie und wo man beim Messen drückt. Bei Abweichungen größer als 2/10 sollte man sich ernsthaft Sorgen machen, insbesonders wenn die verdächtigen Kolben eben tiefer stehen.
>Genauer geht es mit Messuhr und z.B. Magnet-Stativ. Vor allem gelingt es hier sehr gut, den OT zu finden, also die maximale Erhebung des Kolbens. Einfach Kurbelwelle hin und her drehen, bis die Messuhr das Maximum anzeigt. Und man kann schön in der Mitte des Kolbens messen (Messflächen vorher säubern ist selbstverständlich).
>Viel mehr kann man von oben nicht tun. Für weitergehende Prüfungen muss die Ölwanne ab.
>Sichtprüfung von unten: Die Pleuel werden bei unseren Motoren seitlich von den Kurbelwellenwangen geführt. Im Kolben selbst ist seitliches Spiel vorhanden. Wenn ein Pleuel seitlich ausweicht, kann man es meist schon mit bloßem Auge erkennen, indem man in den Kolben hineinleuchtet. Das obere Pleuelauge muss mittig im Kolben stehen. Steht es deutlich zu einer Seite, ist es definitiv krumm.
>3: Wenn man sich entschließt, die Pleuel auszubauen kann man sie sehr genau prüfen. Pleuel baut man aus, indem man sie unten aufschraubt und mitsamt Kolben nach oben rausdrückt. Anders gehts nicht... Unbedingt den Ölkohlerand am oberen Ende der Laufbuchsen entfernen, nicht einfach den Kolben samt Ringen drüberprügeln. Kolbenbolzen raus, Lagerschalen rausnehmen. NIEMALS Lagerdeckel und Pleuelhauptteil durcheinanderwürfeln! Am besten alles gleich mit Edding kennzeichnen. (Körnerschläge wären mir schon etwas zu grob).
>Nun hat man die Dinger also vor sich liegen (im Idealfall alle), entfernt die Lagerschalen und beguckt sich alles. Wenn was krumm aussieht, dann ist es das wohl auch, weitere Tests erübrigen sich dann...
>Wenn optisch alles OK scheint, kann man nun die Dinger "auswinkeln". Man prüft ob Kolbenbolzen und Fusslager parallel stehen.
>Wir brauchen nun eine Vorrichtung, das Pleuel um seinen Lagerfuß zu schwenken. Hier ist vieles denkbar, ich habe dazu folgendes:
>Eine Aluplatte, etwa 100*100*20. Größer schadet nicht, zumindest eine Seite sollte schön glatt und plan sein.
>Kein Foto zur Hand, also beschreibe ich mal. Platte liegt auf dem Tisch. In der oberen Hälfte hab ich nun zwei alte Kolbenbolzen nebeneinander senkrecht draufgestellt, und diese mit langen Schrauben an der Platte befestigt. Diese Platte klemme ich mit dem Unterteil in den Schraubstock, so dass die beiden Bolzen mich anschauen.
>Nun stellt man das Pleuel mit seiner Fussbohrung auf die 2 Bolzen und kann es nach rechts und links schwenken. Es liegt unten sauber auf 2 geraden Linien auf, da wackelt nix.
>Ins obere Auge kommt nun ein Kolbenbolzen (der aus dem betreffenden Kolben). Eine gute Gelegenheit, das obere Lager zu checken. Der Bolzen muss sauber reingehen, quasi "saugend" durchzuschieben sein, und darf nur ganz leicht spürbares Kippspiel aufweisen.
>Der Kolbenbolzen steckt also in seinem Lager und schaut uns nun auch an. Er schaut auf beiden Seiten etwa gleich weit raus, und wir können ihn samft Pleuel nach rechts und links schwenken.
>Nun kommt wieder die Messuhr samt Stativ zum Einsatz. Der Magnetfuß kommt hinten auf den Schraubstock. Die Messuhr steht senkrecht und tastet die Oberseite des herausstehenden Kolbenbolzens ab. Am besten auf der von uns abgewandten Seite, kurz vorm Ende des Bolzens
>Beim Durchschwenken des Pleuels ergibt sich ein Maximum auf der Messuhr. Das wird genullt.
>Und nun das Pleuel runternehmen und andersrum wieder drauf. Wieder durchschwenken. Ist das Pleuel gerade, so wird nun wieder sehr genau die Null erreicht. Das Kippspiel des Bolzens kann man ausgleichen, indem man beideitig kräftig draufdrückt. Aber eigentlich sollte es garnicht allzuviel Kippspiel geben.
>Ich halte 2-3 Hunderstel Abweichung für OK.
>Bei mehr Abweichung, man kann es richten... Das ist eine ziemlich grobe Angelegenheit. Ein Kupferhammer und eine solide Grundlage (Amboss o.ä.) wäre ideal. Einiges an Gewalt ist schon nötig. Man muss sich langsam an die nötige Schlagstärke herantasten...
>Auch kann man so die absolute Länge der Pleuel miteinander vergleichen. Die kann man selbst aber nicht korrigieren.
>Was man so nicht messen kann, ob das Pleuel verdreht ist. Also der Kolbenbolzen zwar waagerecht liegt, aber von oben gesehen gedreht. Nun ja... Sowas ist bei weitem nicht so schlimm wie seitlich verbogen. Und es wäre auch seltsam, wenn es durch einen Crash derart tordiert. Ich ignoriere das einfach, wenn ich mit bloßem Auge nicht sehe.
>Messen kann man das sicherlich auch. Denkbar wären zwei Messuhren, die auf die horizontal auf beide Seiten des herausstehenden Bolzens gerichtet sind. Anhand eines hoffentlich geraden Musterpleuels könnte man die auf Gleichlauf trimmen, und dann zumindest alle Pleuel miteinander vergleichen.
>Soviel zur Prüferei. Selbst reparieren kann ich da nichts, da fehlt mir dann doch der Maschinenpark. Allenfalls eine moderate seitliche Verbiegung richten, das bekomme ich hin.
>Gruss Jo
>PS, ja, heftige Treffer können die Ringnuten soweit eindrücken, dass der Ring nicht richtig frei ist. Das Alu ist halt weich, die Verformungen können so tief reichen. Wenn also der Kolben schon draussen ist, unbedingt prüfen und ggfs. Ringe ausbauen, Nuten reinigen und ggfs. vorsichtig auffeilen. Es betrifft natürgemäß am ehesten den oberen Kompressionsring.
Hallo Jo
Das hast du Klasse beschrieben!Bist halt ein Schrauber der sich aus kennt!
Was machst du aber, wenn du feststellst das ein Pleul verzogen ist?Ich würde in den Keller gehen+aus meiner umfangreichen Sammlung von Pleulen (1,6 Liter Golf, LT,Bulli, usw.)was passendes (Masshaltig)raus kramen um sechs zueinander passende zusammen zu stellen.
Ich denke mal das es für den Normal Schrauber, effektiver ist 120-150 Euronen in die Instandsetzung von sechs Pleulen zu investieren.Ein Satz Pleullager für knapp 50 Euronen dazu+du hast keinerlei Lotterie Effekte mehr!Der Motor sollte damit Standfest werden!
Das die Kolben (Ringnuten)auf Klemmer untersucht werden sollten,versteht sich dabei von selbst!
Gruß Peter
- Re: Pleuel prüfen nach Zahnriemenriss Joachim S 23.03.2012 19:39 (0)
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