Re: Reisen mit dem Oldi, auch @ ´´Sir Raffmann´´


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Geschrieben von Miles am 17. März 2012 09:14:15:

Als Antwort auf: Reisen mit dem Oldi, auch @ ´´Sir Raffmann´´ geschrieben von Joachim S am 16. März 2012 23:49:19:

Schön zu lesen und kommt mir irgendwie bekannt vor. Zwar nicht genau die Problematik aber eine andere. Ich fahre auch nie ohne Werkzeug und allerlei Schrauben und anderer Hilfsmittel :-)

Hut ab! Und ab sofort wünsch ich Dir reibungslose Fahrten! :-)

Ich hatte ähnliches bei meinem alten Fiat Tempra, bekannt für Elektronische Probleme. Damals ist mir der Lenkstockschalter (Licht & Blinker) mitten in der Nacht abgerauscht. Erst dachte ich "Was stinkt hier so?" dann fing das Teil an zu schmelzen. Gott sei Dank hatte ichs nur 30km nach Hause und so bin ich mit Nebelscheinwerfern und Nebelschlussleuchten (Hatte 2 Stück) nach Hause gefahren. Trotzdem überholten mich ständig hupende Autos.
FIAT (Fehler in allen Teilen) ;-)

LG


>Tag Zusammen,
>eine kleine Anekdote, ob sie nun abschreckene oder aufmunternde Wirkung haben soll, überlasse ich dem geneigten Leser ;-)
>Seit dem Island-Urlaub im Spätsommer hat mein Oldi-LT (Bj 76 Womo mit CH-Motor und H-Zulassung) fast nur gestanden. Ein paar Kleinigkeiten hab ich im Winter gemacht, am Tank war ein Entlüftungsschlauch undicht, und der Tankgeber war auch kaputt.
>Am Freitag stand mir nun der Sinn nach einer Reise in den Süden. Ein Arbeitstermin stand an, da wollte ich das Angenehme mit dem Nützlichen Verbinden, meinen Rallye-Freund und Copiloten bei München besuchen, am Rallyeauto schrauben, diverse Felgen, Getriebe und anderen Krimskrams galt es zu transportieren, und mein Bett hätte ich auch gleich dabei.
>Also den LT aus dem Winterschlaf wecken, so der Plan...
>Das erwies sich als völlig unproblematisch, Batterien laden, schon sprang er an und lief munter vor sich hin. Kurzer Check, alles scheint zu klappen, es fährt, es bremst, es lenkt. Warnblinkanlage mochte nicht, nach ein paarmal betätigen des Schalters ging auch diese.
>Frohgemut vollgetankt. Hurra, das geht jetzt, es läuft nichts mehr über. Die Tankuhr zeigt auch zuversichtlich "Voll" an. Vorbei die Zeiten in Island, wo man den Füllstand des Tanks nur erahnen konnte. Das war immer etwas knifflig beim Tanken, weil er beim Volltanken ja überlief...
>Also rollerte ich am späten Nachmittag los von Dortmund nach München, 630 km vor der Brust. Es fuhr und fuhr und fuhr. Bei Geiselwind nach 400 km aufgetankt, es gehen "nur" 44 Liter rein. Toll, nichtmal besonders versoffen, denke ich mir.
>Nachts komme ich an, zu spät um meinen Freund noch aus dem Bett zu holen, ab ins Hochdach.
>Tolles Auto, über 35 Jahre alt, und doch völlig unproblematisch...
>Nettes Wochenende, das Rallyeauto bekommen wir auch wieder fahrbereit. Am Montag nach Augsburg, zum Arbeiten. Abends wieder zurück, Dienstag wieder hin, gegen 14:00 Uhr bin ich fertig mit der Arbeit, und mache mich auf den Rückweg nach Dortmund.
>Also beim Kunden vom Hof, der LT beginnt zu stottern. Ein Blick auf die Tankuhr, knapp vor Reserve... Naja, kann schon sein, dass der Tank leer ist. Gut möglich, dass der neue Geber nicht so genau ist. Ich stottere noch zur Tanke und mache voll, E10. Hm, knapp 50 Liter gehen rein, so richtig leer war das wohl nicht???
>Egal, gestartet, auf die Hauptstraße aufgebogen, stottert, gleich wieder rechts ran. Motor bockt und geht aus.
>OK, ich bin ja nicht bekloppt und fahre ohne gut gefüllten Werkzeugkoffer durch die Gegend... Beifahrersitz ausgebaut, Motordeckel auf. Der Motor ist schonmal da wo er hingehört. Ein Kabel am Verteiler abgezupft und georgelt, der Zündfunken ist kräftig. Überhaupt, das ganze Ausgeh-Szenario roch nicht nach Zündproblemen, sondern eindeutig nach Vergaser bzw. Spritversorgung.
>Die Spritpumpe tickert fröhlich, ich ziehe den Rücklaufschlauch vom Vergaser ab und hier schießt ein feiner aber munterer Strahl knapp am Gesicht vorbei. Dafür geht er dann an die Decke und tropft mir wieder in den Nacken. Prima...
>Also, Spritpumpe scheint es nicht zu sein, aber vielleicht reicht ja doch die Menge nicht? Also Zulaufschlauch ab, in eine leere Bierflasche (hab ich anscheinend immer dabei) gehalten und Zündung an. Nach ein paar Sekunden ist die Flasche schon ein paar cm hoch gefüllt, das reicht satt, die Benzinpumpe scheidet als Fehler aus. Auch der Vorfilter ist offenbar frei, sonst käme hier nicht so ein satter Strahl aus dem Schlauch.
>Hm, es kann (fast) nur noch am Vergaser selbst liegen.
>Von aussen sieht er aus wie immer. Ich entschliesse mich, den Deckel abzubauen und alle Düsen durchzupusten, soweit sie zugänglich sind. Mache ich nicht zum ersten Mal, bei der Wiederinbetriebnahme hatte ich das Ding mehrmals draussen...
>Sprit ist auch im Vergaser (reichlich sogar). Dabei denke ich mir erst noch nicht viel...
>Alle Düsen raus, der Vergaser läuft dabei leer. Aber nirgends ist was verstopft. Der Vergaser ist zwar nicht gerade blitzblank im Inneren, aber direkt Dreckskrümel finde ich auch nicht. Schwimmernadelventil durchgepustet, hier fällt mir auch nichts auf. Hm, keinen offensichtlichen Fehler gefunden? Naja, was soll man schon machen, alles wieder zusammen, und orgeln.
>Erst quält sich der Anlasser etwas, dann wird er seltsamerweise munterer (der Kenner ahnt jetzt vielleicht schon, was Sache war). Aber anspringen mag er nicht. Nochmal, na, erste Zündung? Ja, weiterorgeln, er kommt!
>Hm, dauert das so lange, den Vergaser wieder aufzufüllen? Eigentlich doch nicht? Aber die Karre läuft rund, nimmt Gas an, also beschließe ich auf weiteres Nachdenken großzügig zu verzichten. Alles wieder zusammen, Haube ordentlich festmachen, Sitz wieder rein, Werkzeug brav wieder einräumen. Und ab gehts nach Hause!
>Natürlich hätte ich diese Geschichte nicht erzählt, wenn es so einfach geworden wäre...
>Aber erstmal starte ich frohgemut Richtung Norden, ein Blick in die Karte und ich beschließe, erstmal ein bisschen Landstraße zu fahren. Wird deutlich kürzer, und auf der Bahn bin ich auch nicht so wahnsinnig schnell.
>Über Donauwörth geht zügig, danach wirds langsam etwas zäher. Vielleicht hätte ich doch etwas früher den Schwenk nach Links zur A7 einplanen sollen, aber egal. Es läuft halt vor sich hin, und irgendwo vor Würzburg komme ich auf die A7.
>Und auch gleich wieder runter, denn kaum bin ich aufgefahren, beginnt der Motor wieder zu ruckeln und zu bocken. Mit wenig Gas gehts noch halbwegs, bei Vollgas geht garnix. So rette ich mich zur nächsten Ausfahrt. Hier ist tote Hose, vielleicht wäre ich bei einer Tanke o.ä. doch besser aufgehoben, überlege ich mir. Wieder drauf, nach 5 km kommt ein Autohof.
>Mit Warnblinker und auf der Standspur erreiche ich den auch noch, und kann überlegen, was da hinter stecken könnte. Eindeutig, der Motor bekommt zu wenig Sprit. Wenn ich vom Gas gehe, erholt er sich sichtlich, irgendwas stimmt da am Nachschub nicht. Doch was mit der Benzinpumpe?
>Jedenfalls ich fahre ab, stottere zum Autohof und finde ein gemütliches Plätzchen zwischen ein paar LKWs. Auffällig, Gas mag er nicht, aber im Leerlauf geht er nach kurzer Zeit auch aus.
>Also auf ein neues, Werkzeug ran, Sitz raus, Haube daneben. Auf dem Fahrersitz schraubt es sich recht gemütlich am Vergaser...
>Noch ein Test der Benzinpumpe: Nein, die fördert satt und saftig, das KANN es nicht sein...
>Mein Verdacht richtet sich auf das Schwimmernadelventil, das könnte hängen. Also wieder Deckel ab, und Tatsache. Das Ding sollte normalerweise durch sein Eigengewicht runterfallen, ab das tut es erst, nachdem ich es ein paarmal mit den Fingern bewegt habe. Da saß offenbar Dreck drin. Nun wird mir manches klarer. Das Ding hat schon bei ersten Mal gehangen, nur hab ich es nicht bemerkt und beim Durchpusten einfach wieder gängig gemacht. Der Motor mochte nicht anspringen weil er heillos abgesoffen war, nicht etwa wegen Unterversorgung. Er war sogar so abgesoffen, dass der Anlasser Mühe hatte, die Kolben über den OT zu wuchten! Das wäre also geklärt. Im Nachhinein ist alles ganz logisch. Mit Gas bekommt er zu wenig Sprit, im Leerlauf läuft der Vergaser hingegen über, der Motor säuft ab, die Suppe verschwindet im Saugrohr, so dass man es von aussen garnicht sieht.
>OK, ich mache also alles wieder gängig, spül nochmal mit WD40 durch, was anderes ist nicht zur Hand. Alles wieder zusammen, kurze Probefahrt, läuft. Deckel drauf, Sitz wieder rein, Werkzeug verstauen, kennt man ja alles schon. Es wird langsam aber sicher dunkel.
>Wieder auf die Bahn, jetzt wird alles gut... Weit ist es nicht mehr bis Würzburg, da gehts auf die A3. Beim Einbiegen ins Kreuz ein kleiner Aussetzer? Nein, bestimmt nur Einbildung.
>Auffahrt auf die A3, gleich ne fette Baustelle. Ich kann es nicht leugnen, da ruckelt was. Naja, durch die Baustelle werde ich schon noch kommen.
>Wäre ich wohl auch, wenn nicht plötzlich vor mir alle gestanden hätten. Ich muss anhalten, die Kupplung treten, und da ist der Motor auch schon aus. Toll, rechts ne solide Leitplanke, keine Standspur. Der Alptraum, überall darf man liegen bleiben, aber nicht hier.
>Bevor ich überhaupt nachdenken kann wie es weitergehen soll, löst sich der Stau auf und ich bleibe mutterseelenallein auf der rechten Spur stehen. Warnblinkanlage! Wäre schön, aber sie sucht sich natürlich genau diesen Moment aus, um ihre Funktion einzustellen. Hinter mir scheren die ersten aus und überholen. Jetzt wirds kriminell, ab jetzt kommen die LKWs hinter mir mit reichlich Schwung an, und die Warnblinkanlage streikt. Was nun, rausspringen? Warndreieick? Weglaufen? Dass die LKWs nun wild hupend nach links wechseln um mit gefühlten 99 an mir vorbeizurauschen trägt nicht gerade dazu bei, dass ich einen klaren Gedanken fassen kann... Ich probiere es nochmal mit dem Anlasser. Nach meiner Theorie müsste er jetzt abgesoffen sein, also mit reichlich Gekurbel bei Vollgas eigentlich wieder kommen. Es klappt, wir nehmen Fahrt auf und entkommen der Engstelle. Die Leitplanke weicht, rechts eine Ausfahrt zu einem Parkplatz. Mit den typischen Baustellen-Barken abgesperrt, aber es ist klar, das wird MEIN Parkplatz! Und wenn ich die Dinger reihenweise niedermähen muss, das ist mir jetzt völlig egal.
>Die Barken stehen recht eng, aber irgendwo passe ich durch. Hinten rechts rumpelt das Rad etwas über einen Fuss, egal, durch ist durch. Ein riesiger abgesperrter Autobahnparkplatz, ganz für mich allein, durchatmen.
>Ich überlege, hier könnte ich prima übernachten, und morgen im Hellen weitermachen. Aber es ist auf jeden Fall noch zu früh um einfach ins Bett zu gehen. Und eigentlich hab ich morgen Mittag auf der Arbeit einen Termin, so "halbwichtig".
>Also Stirnlampe rauskramen, auch wenn ich vermutlich mittlerweile den Vergaser auch im Dunkel öffnen könnte, mit Licht ist es besser. Aber erstmal muss ich mich um den Warnblinker kümmern, ohne den fahr ich keinen Meter mehr.
>Sicherung? Ich fummel an der Zentralelektrik rum, eine defekte Sicherung kann ich nicht finden. Aber mit einmal funktioniert das Ganze wieder. Vielleicht war einer der Stecker hinten nicht richtig drin, wahrscheinlich ein bisschen Oxyd im Spiel. Eigentlich sieht die Elektrik aber topfit aus. Wie auch immer, es geht wieder. Weiter mit dem Vergaser, klar, das Ventil hängt wieder. Anscheinend kommt reichlich Dreck aus dem Tank. Ein Inlinefilter ist zwar vor der (externen) Pumpe, aber anscheinend lässt der noch zu viel Krümel durch.
>Wie gehts weiter? Ich überlege mir, mich zur nächsten Tanke durchzukämpfen und da vielleicht einen neuen feineren Filter aufzutreiben. Diesmal fliegt der Beifahrersitz nur noch nach hinten ins Bett. Das Werkzeug und die Stirnlampe bleiben griffbereit, der Deckel bleibt lose auf dem Motor liegen...
>Und wieder auf die Bahn, nächste Tanke raus, so der Plan. Nun, das Auto läuft. Es läuft eigentlich prima, vielleicht hab ich ja jetzt Ruhe. Ein bisschen Entspannung kann da nicht schaden. Also mach ich mal das Radio an. Auf MP3-Stick läuft "Wir sind Helden". Es hätte nicht besser passen können: "Nach ein paar Tagen ging der Wagen in die Knie, ich weiss nicht weiter..." Passend zum Song begann die Karre zu ruckeln.
>Immerhin, es findet sich ein Parkplatz. Die Zerlegung sitzt ja längst in Fleisch und Blut...
>Weiter gehts, die nächste Tankstelle lockt. Ich fahre raus, nutze die Gelegenheit auch gleich zum Tanken. Jemand spricht mich an, und teilt mir mit, dass mein Auto hinten stockfinster sei. Kein Rücklicht, keine Kennzeichenbeleuchtung. Keine Ahnung wie lange ich so schon rumgurke. Womöglich hab ich ja so stockfinster schon in der Baustelle geparkt...
>Also wieder an die Zentralelektrik. Nichts zu finden, ich rappele planlos an allem rum, ein netter Audifahrer hilft mir indem er hinten guckt, obs flackert. Auch wenn er mit nem echten Nobelhobel unterwegs ist, offenbar hat er ein Herz für Oldis... Bei einem Stecker meldet er Erfolg. Aber das sieht alles verdammt sauber aus, einen echten Fehler kann ich nicht finden.
>Offenbar hat dieses ominöse Kupferlybyrinth im Inneren ein paar Kontaktprobleme, ich überlege ob ich die Leitungen nach hinten lokalisieren und einfach auf Plus legen soll. Aber nun leuchtet es erstmal...
>Die Tanke hat keinen geeigneten Filter zu verkaufen, ich krame im Gerümpelfach und finde noch einen. Den bau ich direkt vor den Vergaser. Der ist zwar auch nicht feiner als das "Sieb" hinten am Tank, aber doppelt ist immer noch besser, denke ich mir.
>Wieder auf die Bahn, es läuft. Durch die Einhausungen (Steuer-Millionengrab) bei Hösbach, auf die A45. Durch regelmäßiges Halsverrenken kontrolliere ich, dass hinten noch was leuchtet. Auch die Warnblinker kontrolliere ich ab und an. Alles geht, der Motor läuft.
>Mal wieder Zeit für etwas Musik, denke ich mir. Judith singt weiter, das Stück beginnt mit: "Bist du nicht müde, nach all den Stunden..." Ich muss grinsen. Der Refrain: "Gib mir das, ich kann es halten". Ich lache laut los. Nein Judith, mein Auto kriegst du nicht.
>Gegen 2 Uhr nachts rolle ich in Do auf den Parkplatz. Müde und etwas entnervt schon. Aber auch stolz, "wieder mal nach Hause geschraubt". Nix Schutzbrief, nix ADAC, nix Abschleppwagen. Nur Werkzeugkoffer!
>@ Sir Raffmann, an dich denke ich, weil du den gleichen Motor und Vergaser hast. Viel Spaß noch damit ;-)
>Gruss Jo



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